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Babel: Political Rhetoric of a Confused Legacy
In Babel: Political Rhetoric of a Confused Legacy (Politische Rhetorik eines verworrenen Erbes) bietet Samuel L. Boyd eine neue Lesart des Turmbaus zu Babel in Genesis 11,1-9.
Auf der Grundlage neuerer Erkenntnisse über die Rhetorik der neuassyrischen Politik und ihrer Herrschaftsideologie sowie der Fortschritte in der Bibelwissenschaft zeigt Boyd, dass es beim Turmbau zu Babel ursprünglich nicht um einen Turm, Babylon oder das Aufkommen der Mehrsprachigkeit ging, zumindest nicht in den frühesten Phasen der Geschichte und im literarischen Kontext der Erzählung. Vielmehr war die Erzählung eine Kritik am assyrischen Reich, die sich der Themen menschlicher Maßlosigkeit bedient, die sich an vielen Stellen in Genesis 1-11 finden. Boyd verdeutlicht, wie Redewendungen der assyrischen Staatsführung in den biblischen Text gelangen konnten und wie das Hebräische von Genesis 11:1-9 selbst zu einer anderen Übersetzung des Abschnitts führt, als sie in den Bibelversionen zu finden ist, eine, die keine Sprache beinhaltet.
Diese neue Lesart wirft ein Licht darauf, wie die Geschichte zu einer Geschichte über Sprache wurde. Boyd argumentiert, dass dieses neue Verständnis von Babel auch Aspekte der Berufung Abrams erhellt, wenn der Turmbau zu Babel als eine Geschichte über etwas anderes als den Ursprung der Mehrsprachigkeit interpretiert wird.
Schließlich verbindet er die historisch-kritische Forschung über die Bibelstelle und ihre Rezeption in antiken jüdischen, christlichen und islamischen Quellen mit der Verwendung des Turms von Babel in der modernen Sprach- und Nationalismuspolitik. Er zeigt auf, wie und warum Genesis 11,1-9 für den modernen Nationalstaat so nützlich - und oft auch schädlich - geworden ist.
Boyd untersucht diese intellektuelle Geschichte des Textes im Hinblick auf die aktuellen Ereignisse des 21. Jahrhunderts und zeigt Perspektiven auf, wie eine neue Lesart des Turmbaus zu Babel die gegenwärtige kulturelle und politische Situation ansprechen und Korrektive für den Gebrauch und Missbrauch der Bibel im öffentlichen Raum bieten kann.