
Dagmar Varady: Expanded Studio
Nach dem Zweiten Weltkrieg erlangte der White Cube den Status einer ästhetischen Konvention. Dagmar Varadys Atelier, das in dem Buch eindrucksvoll vorgestellt wird, scheint jedoch ein Ort zu sein, an dem Kunst produziert wird, und zugleich ein "Ausstellungsraum".
Ihre Arbeiten werden nicht als fertige Werke oder Gemälde betrachtet, sondern sind "permanent in Bewegung", wie die Künstlerin betont. So entsteht im Atelier eine persönliche (Wissens-)Ordnung im Kontext der Kunst, so etwas wie "Prinzipien im Chaos", wobei auch der gelenkte Zufall (Serendipity) ins Spiel kommt, was sich in den Strukturen, Faltungen und Verläufen ihrer Serie von "Brillant-Blau"-Bildern deutlich zeigt. Mit all den Brüchen, Abweichungen, Intuitionen, Ausnahmen und Mehrdeutigkeiten, die in ihrer Kunst vorkommen, hat sich Dagmar Varady auf den "Weg der Absichtslosigkeit" (Ernst Bloch) begeben - eine Absichtslosigkeit, die die Prozesshaftigkeit der Kunst fördert, die aber wiederum ohne einen festen Produktionsort, das Atelier, nicht zustande kommen würde.
Dort schlängeln sich die Motive in einem unbestimmten Produktionsprozess von Bild zu Bild, treten miteinander in Dialog und wandeln sich in immer neuen Varianten. Das Atelier von Dagmar Varady ist somit nicht nur ein Arbeitsort, sondern, wie die Künstlerin selbst sagt, ihr "Nabel zur Welt" und als solcher eine Art Labor, in dem intrinsische Prozesse die künstlerischen Haltungen und Ziele maßgeblich bestimmen.