
The Edict of Cyrus and Notions of Restoration in Ezra-Nehemiah and Chronicles
Das Kyrus-Edikt, das sowohl Esra-Nehemia (Esra 1,1-4) als auch die Chronik (2. Chronik 36,22-23) einleitet, spielt in beiden Büchern eine unterschiedliche Rolle. In Esra-Nehemia ist es ein Befehl, der zu einem gescheiterten Wiederherstellungsereignis führt, während es in der Chronik ein Befehl ist, der ein erfolgreiches zukünftiges Wiederherstellungsereignis vorwegnimmt. Im Kontext des Kanons sind diese unterschiedlichen Verwendungen des Edikts theologisch bedeutsam, insbesondere bei der Formulierung von Ideen der Hoffnung für die Zukunft in der Chronik.
Die Chronik ist sich zwar bewusst, dass irgendwann in der Vergangenheit eine historische Wiederherstellung stattgefunden hat (1. Chronik 3,19-24; 9,2-44), teilt aber den Eindruck von Esra-Nehemia, dass die Rückkehr so etwas wie ein Misserfolg war. Durch eine kompositorische Analyse argumentiert Gilhooley, dass das Edikt, das die Chronik schließt, die wahre oder vielmehr die vollständige Wiederherstellung nicht als ein vergangenes Ereignis darstellt, über das man nachdenken muss, sondern eher als ein Ereignis, das irgendwann in der Zukunft erwartet wird - zu einer Zeit, in der Israel die Errichtung eines neuen verherrlichten Tempels, politische Unabhängigkeit, die Befreiung aus der Knechtschaft und die Segnungen der neuen Schöpfung und der neuen kultischen Ordnung erwartet.
Wenn wir die Chronik in Übereinstimmung mit verschiedenen jüdischen Zeugen als letztes Buch des Alten Testaments lesen, stellen wir fest, dass das Edikt zu einem programmatischen Abschluss des Kanons wird. Dementsprechend scheinen die eschatologische Rückkehr nach Zion und der Wiederaufbau des Tempels die dominierenden Anliegen der kanonischen Herausgeber zu sein. Diese Verse, die sowohl die Chronik als auch das Alte Testament als Ganzes abschließen, können auch im Dialog mit kanonbewussten Strukturmerkmalen an anderer Stelle gelesen werden und könnten daher für den Aufbau einer kanonischen Theologie prägend sein.