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Seeing the Myth in Human Rights
Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 wird als eines der wichtigsten Dokumente der Menschheitsgeschichte bezeichnet. Allein der Vorwurf, gegen die in diesem Dokument verankerten Rechte zu verstoßen, schreckt heute die politischen Führer auf und bringt die internationale Gemeinschaft in Aufruhr.
Da es sich jedoch um ein unverbindliches Dokument ohne Durchsetzungsmechanismus handelt, besitzt es so gut wie keine rechtliche Autorität. Tatsächlich wird die Autorität der Erklärung seit ihrer Verabschiedung nicht als rechtlich oder politisch, sondern als moralisch dargestellt. Sie bietet keine Regeln oder Gesetze, die es zu befolgen gilt, sondern stellt eine Reihe von Standards dar, an denen die Gesellschaften der Welt gemessen werden.
Sie hat ein Maß an rhetorischer Macht und Einfluss erlangt, das in der modernen Weltpolitik seinesgleichen sucht, und wurde zum Gründungsmythos des Menschenrechtsprojekts. Seeing the Myth in Human Rights (Den Mythos in den Menschenrechten sehen) ist eine interdisziplinäre Untersuchung über die Rolle der Mythenbildung bei der Entstehung und Verbreitung der Allgemeinen Erklärung.
Jenna Reinbold geht über das herkömmliche Verständnis von Mythen hinaus, das solche Erzählungen als Vehikel für die Verbreitung bestimmter religiöser Dogmen oder für die Verbreitung falscher, ja sogar doppelzüngiger Diskurse ansieht. Sie mobilisiert einen soliden Bestand an wissenschaftlichen Erkenntnissen aus dem Bereich der Religionswissenschaft, um uns zu helfen, den Mythos als eine Form menschlicher Arbeit zu begreifen, die darauf abzielt, Bedeutung, Solidarität und Ordnung zu schaffen.
Diese Verwendung stellt nicht nur eine Parallele zur heutigen Mythenforschung dar, sondern fügt sich auf unerwartete Weise in die aufkeimende Forschung über den Ursprung und die Funktion der heutigen Menschenrechte ein und bringt die Religionswissenschaft mit der politischen Philosophie, der kritischen Rechtswissenschaft und der Menschenrechtshistoriographie ins Gespräch. Für Reinbold ist der Mythos ein Phänomen, das nicht nur für die Erforschung spezifischer religiöser Narrative von Bedeutung ist, sondern auch für ein breiteres Verständnis des Wesens politischer Autorität in der modernen Welt entscheidend ist.