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Myth of Mirror Neurons: The Real Neuroscience of Communication and Cognition
1992 berichtete eine Gruppe von Neurowissenschaftlern aus Parma, Italien, über eine neue Klasse von Gehirnzellen, die im motorischen Kortex des Makaken-Affen entdeckt wurden. Diese Zellen, die später als Spiegelneuronen bezeichnet wurden, reagierten gleichermaßen auf eigene motorische Handlungen des Affen, wie z. B. das Greifen eines Gegenstandes, und auf die Beobachtung ähnlicher motorischer Handlungen durch einen anderen Affen. Die Forscher vermuteten, dass die Neuronen es dem Affen ermöglichten, andere zu verstehen, indem er deren Handlungen in seinem eigenen Gehirn simulierte.
Spiegelneuronen wechselten bald die Spezies und eroberten die menschliche Neurowissenschaft und Psychologie im Sturm. In den späten 1990er Jahren zeigten Theoretiker, wie die Zellen auf elegante und einfache Weise die Evolution der Sprache, die Entwicklung des menschlichen Einfühlungsvermögens und die neuronalen Grundlagen des Autismus erklären können. In den darauffolgenden Jahren gab es eine Reihe wissenschaftlicher Studien, die die Spiegelneuronen mit allen möglichen Phänomenen in Verbindung brachten, von Schizophrenie und Drogenmissbrauch bis hin zu sexueller Orientierung und ansteckendem Gähnen.
In Der Mythos der Spiegelneuronen untersucht der Neurowissenschaftler Gregory Hickok die Geschichte der Spiegelneuronen erneut und stellt fest, dass sie auf einem brüchigen Fundament aufgebaut ist - einem Paar voneinander abhängiger Annahmen über die Aktivität der Spiegelneuronen und das menschliche Verständnis. Hickok stützt sich auf ein breites Spektrum von Beobachtungen aus der Arbeit am Verhalten von Tieren, der modernen Neurobildgebung, neurologischen Störungen und mehr und argumentiert, dass die grundlegenden Annahmen im Lichte der Fakten nicht haltbar sind. Anschließend untersucht er alternative Erklärungen für die Funktion der Spiegelneuronen und beleuchtet dabei entscheidende Fragen zur menschlichen Kognition und Gehirnfunktion: Warum imitiert der Mensch so ausgiebig? Wie unterschiedlich sind die linke und die rechte Gehirnhälfte? Warum haben wir zwei visuelle Systeme? Müssen wir sprechen können, um Sprache zu verstehen? Was läuft bei Autismus schief? Können Menschen Gedanken lesen?
Der Mythos der Spiegelneuronen liefert nicht nur eine lehrreiche Geschichte über den Verlauf des wissenschaftlichen Fortschritts - von der Entdeckung über die Theorie bis hin zur Revision -, sondern bietet auch tiefe Einblicke in die Organisation und Funktion des menschlichen Gehirns sowie in die Natur von Kommunikation und Kognition.