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Drafting the Russian Nation: Military Conscription, Total War, and Mass Politics, 1905-1925
Wie entwickelte Russland eine moderne nationale Identität, und welche Rolle spielte dabei das Militär? Sanborn untersucht die zaristischen und sowjetischen Armeen des frühen zwanzigsten Jahrhunderts, um zu zeigen, wie die Wehrpflicht dazu beitrug, Bürger und Soldaten zu einer modernen politischen Gemeinschaft zu verbinden. Die Erfahrung des totalen Krieges, so zeigt er, war das Mittel, mit dem diese multiethnische und klassenübergreifende Gemeinschaft aufgebaut und getestet wurde.
Drafting the Russian Nation ist die erste archivgestützte Studie über die Beziehung zwischen Wehrpflicht und Nationenbildung in einem europäischen Land. Sanborn unterstreicht die Bedeutung von Gewalt für das nationale politische Bewusstsein und zeigt, wie nationale Identität durch die organisierte Ausübung von Gewalt geformt und aufrechterhalten wurde. Auch die kulturellen Dimensionen des "Militärkörpers" werden untersucht, insbesondere in Bezug auf die Nationalisierung der Männlichkeit.
Der von den Militärreformern in Gang gesetzte Prozess der Nationenbildung erreichte seinen Höhepunkt im Ersten Weltkrieg, als ethnisch gemischte Wehrpflichtige in einem totalen Krieg gemeinsam für den Erhalt ihres nationalen Territoriums kämpften. Im darauf folgenden Bürgerkrieg richtete sich der Einsatz der Armee hauptsächlich auf die Vernichtung der politischen Opposition innerhalb der "Nation". Diese komplexen Konflikte ermöglichten zwar den Bolschewiki den Aufstieg an die Macht, doch die massive Gewalt des Krieges prägte das nationale politische Leben noch viel grundlegender.
Nicht alle Minderheiten waren leicht zu assimilieren. Der Versuch, 1916 Einheimische aus Zentralasien zum Militärdienst zu verpflichten, erwies sich zum Beispiel als katastrophal. Juden, die ebenfalls als Nicht-Staatsbürger eingestuft wurden, wurden zwar eingezogen, wurden aber innerhalb der Streitkräfte stark diskriminiert, da sie als unzuverlässig und potenziell illoyal galten.
Drafting the Russian Nation ist reich an Einblicken in das Verhältnis von Krieg und nationalem Leben. Studenten, die sich mit Krieg und Gesellschaft im zwanzigsten Jahrhundert beschäftigen, werden in dieser provokanten Studie viel Interessantes finden.