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The Forms of Informal Empire: Britain, Latin America, and Nineteenth-Century Literature
Die spanische Kolonialisierung Lateinamerikas ging Anfang des 19. Jahrhunderts zu Ende, als ein Land nach dem anderen, von Bolivien bis Chile, seine Unabhängigkeit erklärte. Doch schon bald übte ein anderes Imperium über Märkte und Handelsbeziehungen die Kontrolle über die Region aus - Großbritannien. Kaufleute, Bauunternehmer und Politiker nutzten die Gelegenheit, die neuen unabhängigen Nationen unter den Einfluss der britischen Finanzmacht zu bringen, und unterwarfen sie einem informellen Imperium, das bis ins zwanzigste Jahrhundert andauerte.
In The Forms of Informal Empire zeigt Jessie Reeder, dass diese ökonomische imperiale Kontrolle auf einem kühnen konzeptionellen Paradoxon beruhte: dass Lateinamerika gleichzeitig frei und unfrei sein sollte. Infolgedessen gerieten zwei der wichtigsten narrativen Tropen des Imperiums - Fortschritt und Familie - unter der widersprüchlichen Logik eines informellen Imperiums in Bedrängnis. Durch die Lektüre einer Vielzahl von Texten in englischer und spanischer Sprache - darunter Briefe und Essays von Sim n Bol var, Gedichte von Anna Laetitia Barbauld und Romane von Anthony Trollope und Vicente Fidel L pez - stellt Reeder die gängige Meinung in Frage, dass das informelle Empire lediglich eine Erweiterung des riesigen formellen britischen Reiches war. In ihrer fesselnden formalistischen Darstellung der Strukturen des imperialen Denkens entpuppt sich das informelle Empire als ein abweichendes, widersprüchliches Konzept in der atlantischen Welt des 19.
The Forms of Informal Empire setzt dort an, wo frühere Studien zum informellen Empire und zum britischen 19. Jahrhundert nicht hinkamen, und bietet eine nuancierte und oft überraschende Lektüre britischer und lateinamerikanischer Texte in ihren Originalsprachen. Reeders vergleichender Ansatz bietet eine neue Sicht auf die imperiale Macht und ist ein überzeugendes Plädoyer für die Erweiterung des Archivs der britischen Literaturwissenschaft.