
Ein Imperium wird vermessen
Karten sind Instrumente zur Vermessung der Welt. Die räumlichen Bilder, die sie erzeugen, dokumentieren historische Entwicklungen in ihrer ganzen Kontinuität und Dynamik.
Sie spiegeln die Beständigkeit natürlicher Gegebenheiten ebenso wider wie die Verschiebung von Machtverhältnissen und Grenzen. Gerade in Kriegszeiten werden Räume neu vermessen und Karten zur Information der Öffentlichkeit neu gezeichnet. Dieses Buch befasst sich mit der Vermessung und Kartographie des Zarenreiches im 19.
Jahrhundert und leistet damit einen Beitrag zur vergleichenden Reichsgeschichte. Die topographische und kartographische Entwicklung des größten Landes der Erde wird als Aspekt der Territorialisierung Russlands verstanden und auf die Bedeutung kultureller Transfers aus Westeuropa hin untersucht.
Die topographische Karte als zeitgebundene Repräsentation des geographischen Raums wird als eine besondere Form der imperialen Selbstbeschreibung verstanden. Die Studie untersucht, welche Institutionen und mit welchen Motiven an der vermessungstechnischen und kartographischen Entwicklung des Zarenreichs beteiligt waren, welche Regionen in den Fokus der Vermesser gerieten, welcher Sprache sich die Kartographen bei der Darstellung des vermessenen Raums bedienten und welche Rolle ausländische Vorbilder spielten.
Die Analyse kommt zu dem Schluss, dass es der zaristischen Regierung letztlich nicht gelungen ist, eine umfassende topographische Karte des gesamten Reiches auf der Grundlage von Vermessungsdaten zu erstellen, da ihr Hauptinteresse in der Sicherung der russischen Peripherie lag.