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Disalienation: Politics, Philosophy, and Radical Psychiatry in Postwar France
Von 1940 bis 1945 starben vierzigtausend Patienten in französischen psychiatrischen Kliniken. Die „sanfte Ausrottung“ des Vichy-Regimes ließ die Patienten an Kälte, Hunger oder mangelnder Pflege sterben.
Doch in Saint-Alban-sur-Limagnole, einem kleinen Dorf in Zentralfrankreich, versuchte ein psychiatrisches Krankenhaus, Widerstand zu leisten. Das Personal hortete mit Hilfe der Bevölkerung Lebensmittel und versuchte nicht nur, die Patienten am Leben zu erhalten, sondern begann auch, die praktischen und theoretischen Grundlagen der psychiatrischen Versorgung zu überdenken. Die Bewegung, die in Saint-Alban ihren Anfang nahm, wurde als Anstaltspsychotherapie bekannt und sollte das französische Denken der Nachkriegszeit tiefgreifend beeinflussen.
In Disalienation setzt sich Camille Robcis mit der historischen, intellektuellen und psychiatrischen Bedeutung der in Saint-Alban formulierten Ethik auseinander, indem sie die wichtigsten Denker der Bewegung untersucht, darunter Fran ois Tosquelles, Frantz Fanon, Felix Guattari und Michel Foucault. Verankert in der Geschichte eines Krankenhauses, zieht Robcis' Studie einen weiten geografischen Kontext heran - das revolutionäre Spanien, das besetzte Frankreich, das koloniale Algerien und darüber hinaus - und zeichnet den Platz der Bewegung in einer breiten politisch-ökonomischen Landschaft nach, vom Faschismus über den Stalinismus bis zum Nachkriegskapitalismus.