
Fictional Matter: Empiricism, Corpuscles, and the Novel
In einer bahnbrechenden Studie über die Beziehung zwischen Chemie und Literaturgeschichte untersucht Helen Thompson die Art und Weise, wie chemische Vorstellungen von Materie die britische Kultur des achtzehnten Jahrhunderts prägten. Obwohl die wissenschaftliche Revolution für experimentelles, sinnliches Wissen eintrat, behaupteten die Chemiker, dass wahrnehmbare Körper aus unsichtbaren Teilchen oder Korpuskeln bestünden. Korpuskeln waren weder moderne Elemente noch klassische Atome, sondern reaktive, teilbare Materieeinheiten. Das Korpuskel, das nicht wahrnehmbar, aber real ist, veränderte das empirische Wissen der frühen modernen Wissenschaft und des Romans.
Thompson bietet neue Analysen der Chemie, Alchemie, Farbtheorie, Physiologie, Umweltwissenschaft und Medizin, die von Robert Boyle, Isaac Newton, Stephen Hales, John Mitchell, John Arbuthnot und Thomas Sydenham entwickelt wurden, um zu zeigen, dass sie die kulturellen Vorstellungen von Rassen-, Klassen-, Geschlechts- und Artenidentität prägten. Indem sie die Wissenschaft der Lektüre von Romanen von Daniel Defoe, Eliza Haywood, Jonathan Swift, Samuel Richardson, Henry Fielding, William Rufus Chetwood und Penelope Aubin gegenüberstellt, zeigt sie, wie Romane sowohl auf der Ebene der Form als auch des Charakters Wahrnehmungswissen darstellen, das sich nicht auf ein angeborenes Wesen, sondern auf dynamische und instabile Beziehungen bezieht.
Der realistische Erzählmodus, den die experimentelle Wissenschaft der Literaturgeschichte hinterlässt, spiegelt, so die These von Fictional Matter, die wahrnehmbaren Objekte nicht transparent wider. Stattdessen stellen Romane die Formen und Beziehungen dar, durch die nicht wahrnehmbare Partikel die sensorische Erfahrung stimulieren. In dieser luziden, revidierenden Analyse der korpuskularen Chemie legt Thompson eine neue Darstellung des Einflusses der experimentellen Wissenschaft und des empirischen Wissens auf den entstehenden realistischen Roman vor.