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Photographic Literacy: Cameras in the Hands of Russian Authors
Die Fotografie, die 1839 in Russland eingeführt wurde, war eine echte Sensation. Ihre rasante Verbreitung stellte die anderen Künste, einschließlich der Malerei und der Literatur, ebenso in Frage wie die Integrität des Selbst.
Während Leo Tolstoi und Fjodor Dostojewski der Kamera im neunzehnten Jahrhundert mit Skepsis begegneten, wurde sie von zahlreichen Autoren des zwanzigsten Jahrhunderts mit offenen Armen empfangen. Wie Katherine M. H.
Reischl in Photographic Literacy zeigt, griffen so unterschiedliche Autoren wie Leonid Andrejew, Ilja Ehrenburg und Alexander Solschenizyn zur Kamera und gestalteten nicht nur ihre Schreibpraxis, sondern auch die Sphäre des Schreibens selbst neu. Für diese Autoren ist eine einzelne Fotografie oder eine Fotografie als Illustration nie ein Endpunkt; ihre schriftstellerischen Praktiken verwandeln und beleben den eingefrorenen Moment kontinuierlich.
Doch ebenso wie die Autoren Bilder nutzten, um die Rezeption ihres Werks und ihrer selbst zu gestalten, nutzten russische Fotografen - darunter Sergej Prokudin-Gorskij und Alexander Rodtschenko - Texte, um die Rezeption ihrer visuellen Arbeit zu gestalten. Vom Tagebuch bis zum Druck - das literarische Wort verleiht dem fotografischen Moment eine persönliche Lebensgeschichte und rahmt ihn in der Geschichtsschreibung ein und umrahmt ihn.
In dieser Einführung in die fotografische Literatur argumentiert Reischl für die zentrale Rolle, die die Fotografie im Laufe von rund siebzig Jahren bei der Herausbildung der russischen literarischen Vorstellungskraft gespielt hat. Vom Bild zum Text und wieder zurück zeichnet sie das visuelle Bewusstsein der modernen russischen Literatur nach, wie es durch die Linse des russischen Autoren-Fotografen eingefangen wurde.