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Foucault and Neoliberalism
Michel Foucaults Tod im Jahr 1984 fiel mit dem Schwinden der Hoffnungen auf einen sozialen Wandel zusammen, die die Nachkriegszeit geprägt hatten. In den Jahrzehnten nach seinem Tod hat der Neoliberalismus triumphiert und die Angriffe auf die sozialen Rechte wurden immer dreister. Auch wenn Foucault diese Jahre nicht direkt miterlebt hat, ist sein Werk über den Neoliberalismus dennoch vorausschauend: Die Frage des Liberalismus nimmt in seinen letzten Werken einen wichtigen Platz ein. Seit seinem Tod hat Foucaults Begriffsapparat für einen großen Teil der intellektuellen Linken in der Welt eine zentrale, ja dominierende Stellung eingenommen.
Wie die Beiträge in diesem Band zeigen, war Foucaults Haltung gegenüber dem Neoliberalismus jedoch zumindest zweideutig. Weit davon entfernt, einen intellektuellen Kampf gegen die Orthodoxie des freien Marktes zu führen, scheint Foucault sie in vielerlei Hinsicht zu befürworten. Wie soll man seine radikale Kritik am Wohlfahrtsstaat verstehen, der als Instrument der Biomacht verstanden wird? Oder seine Unterstützung für den anbiedernden Antimarxismus der so genannten "neuen Philosophen"? Ist es möglich, dass Foucault vom Neoliberalismus verführt wurde?
Diese Frage ist nicht nur von biografischem Interesse: Sie zwingt uns dazu, uns mit den Veränderungen der Linken seit dem Mai 1968, der Desillusionierung der darauf folgenden Jahre und den tiefgreifenden Veränderungen im intellektuellen Feld Frankreichs in den letzten dreißig Jahren auseinanderzusetzen. Um die 1980er Jahre und den Siegeszug des Neoliberalismus zu verstehen, muss man die zwiespältigsten Ecken der intellektuellen Linken anhand einer ihrer wichtigsten Figuren erkunden.