
Gnter Grass and the Genders of German Memory: From the Tin Drum to Peeling the Onion
G nter Grass (1927-2015) war eine feste Größe im deutschen Kulturleben, ein selbst ernannter Sprecher der Kulturnation, der sich mit kanonischen männlichen Literaten und deren Autorität verbunden sah. Er war auch Gegenstand berechtigter feministischer Kritik: Seine Werke sind von einem rigiden Geschlechterkonzept durchdrungen, das seine bekundete Skepsis gegenüber Ideologien Lügen straft.
Als heterosexueller Mann verlieh Grass seiner repräsentativen Persönlichkeit ein natürliches Antlitz, indem er sich die geschlechtsspezifischen diskursiven Konstruktionen seiner Zeit aneignete, darunter Heimat, Bildungsroman und Erzählungen über deutsche Kriegsopfer und -täter. Diese Aneignung hob die Männlichkeit seines Erinnerungskünstlers über die der Verteidiger und Ausbeuter des Status quo. Dieses Buch ist das erste, das die Verbindung zwischen Geschlecht und Erinnerung in Grass' Werk und seinem Vermächtnis im Lichte der aktuellen Bedenken über männliche Privilegien untersucht.
Im Mittelpunkt stehen sein bahnbrechender Roman The Tin Drum (1959) und seine Memoiren Peeling the Onion (2006). Ersterer begründet die geschlechtsspezifische Persönlichkeit, die Grass in den folgenden Jahrzehnten entwickeln sollte, um zeitgenössische Themen mit Erinnerungen aus der Nazizeit zu verknüpfen.
Letztere greifen das autobiografische Material des Romans wieder auf, versäumen es aber, sein jahrzehntelanges Schweigen über seinen Dienst in der nationalsozialistischen Waffen-SS zu erklären. Stattdessen wird seine Trauer um seine Mutter in den Vordergrund gestellt, was eine persönlichere Lesart seines Werks und seiner geschlechtsspezifischen Bilder ermöglicht.