Originaltitel:
Javier Tllez: 4 1/2: Cat. Kunstverein Braunschweig
Inhalt des Buches:
Wie haben Sie das gemacht, Herr T llez? Der vorliegende Katalog dokumentiert die erste museale Einzelausstellung des New Yorker Künstlers Javier T llez (geb. 1969 in Venezuela) in Deutschland. Angesichts der Tatsache, dass der Künstler bereits an unzähligen Gruppenausstellungen wie den Biennalen in Venedig (2001 und 2003), Sydney (2004) oder der Whitney Biennale (2008) sowie der Manifesta 7 teilgenommen hat, scheint diese Monografie längst überfällig zu sein. Javier T llez, dessen Werk zwischen Fiktion und Dokumentation oszilliert, interpretiert klassische Stoffe von Bühne und Leinwand neu und dekonstruiert gewohnte soziokulturelle Grenzen. Neben Installationen des Künstlers präsentierte der Kunstverein auch die vier wichtigsten Filme von T llez. La Passion de Jeanne d'Arc (Rozelle Hospital, Sydney; 2004) gilt als exemplarisch für T llez' wegweisende Filmproduktion. Der überarbeitete Stummfilm Jeanne d'Arc (1928) und der in einer psychiatrischen Klinik gedrehte Film Twelve and a Marionette wurden als Doppelprojektion gezeigt. Zwölf Frauen sprechen auf sehr unterschiedliche Weise über die institutionelle Behandlung ihrer Krankheiten (Depression, Schizophrenie). Die nebeneinander gestellten Projektionen von Jeanne d'Arc - die zu ihrer Zeit als besessene Seele stigmatisiert und verfolgt wurde und heute als missverstandene Visionärin und Nationalheldin anerkannt ist - lassen die Krankheiten der Patientinnen in einem ganz neuen Licht erscheinen.
In dem Film Oedipus Marshal (2006) inszeniert T llez Sophokles' klassische Tragödie Oedipus Rex mit Westernkostümen und japanischen Masken. Als Kulisse diente eine verlassene Goldgräberstadt in Colorado. Die Masken und Maskierungen in den Filmen von T llez führen eine Metaebene ein. Als ambivalente Elemente verbergen oder entmystifizieren sie diese gleichzeitig; sie destabilisieren Persönlichkeitsgrenzen, symbolisieren aber auch die Fähigkeit von Psychiatriepatienten, die T llez gerne als Schauspieler einsetzt, zur Mimikry. Letter on the Blind for the Use of Those Who See (2007) bezieht sich auf den gleichnamigen Klassiker von Diderot und das buddhistische Gleichnis von den Blinden und dem Elefanten. Das Gleichnis macht uns bewusst, dass die Wirklichkeit keineswegs eine objektive Konstante ist, sondern von unserer eigenen Wahrnehmung bestimmt wird. Der Film Caligari und der Schlafwandler (2008) von T llez basiert auf dem expressionistischen Stummfilm Das Kabinett des Dr. Caligari von 1919. In der Interpretation von Tell z führt Dr. Caligari eine Art therapeutisches Gespräch mit Cesare, der sich seit Jahren in einer Art schlafwandlerischem Zustand befindet und nur mittels Schiefertafeln kommunizieren kann. Die Vermischung von Realitätsebenen, Identitätswechsel und Polyphonie sind gemeinsame thematische Stränge, die von T llez' Filmen aufgegriffen, aber auch darstellungstechnisch umgesetzt werden.
Indem er Erich Mendelsohns Ikone expressionistischer Architektur, den Einsteinturm in Potsdam, als Drehort wählt, verweist er auch auf eine Epoche der Kunst- und Filmgeschichte, in der erstmals pathologische Störungen thematisiert wurden und man sich von ihnen inspirieren ließ.
Weitere Daten des Buches:
| ISBN: | 9783940953483 |
| Autor: | |
| Verlag: | |
| Einband: | Taschenbuch |
| Erscheinungsjahr: | 2010 |
| Seitenzahl: | 128 |
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