
Jesus and the Rise of Nationalism: A New Quest for the Nineteenth Century Historical Jesus
Der große deutsche Theologe Albert Schweitzer zog bekanntlich einen Schlussstrich unter die historische Jesusforschung des 19. Jahrhunderts, indem er aufzeigte, dass auf dem Grund des Brunnens nicht das Gesicht des Sohnes Josephs lag, sondern die Gesichtszüge aller Gelehrten des Neuen Testaments, die versucht hatten, sein schwer fassbares Wesen zu enthüllen.
In seinem nachdenklichen und provokanten neuen Buch geht Halvor Moxnes noch viel weiter: Die zum Scheitern verurteilte "Suche nach dem historischen Jesus" wurde nicht nur von den unterschiedlichen Persönlichkeiten der Suchenden bestimmt, sondern auch von den sozialen, kulturellen und politischen Programmen der Länder, aus denen ihre Präsentationen stammten. So war Friedrich Schleiermachers Jesus ein Lehrer, was der Rolle entsprach, die deutsche Lehrer in der deutschen Bewegung für den demokratischen Sozialismus spielten. Ernst Renans Jesus war dagegen ein Versuch, den "positiven Orient" als Vorläufer des zivilisierten Selbst seiner eigenen französischen Gesellschaft darzustellen.
Der schottische Theologe G. A.
Smith zeigte in seiner männlichen Darstellung Jesu einen unverkennbar britischen Liberalismus und viktorianischen Moralismus. Moxnes argumentiert, dass man das "Leben Jesu" nicht losgelöst vom Nationalismus und der nationalen Identität verstehen kann.
Was die moderne Bibelwissenschaft braucht, ist ein Bewusstsein für alle Voraussetzungen, die der Darstellung Jesu zugrunde liegen, sei es in Bezug auf Macht, Geschlecht, Sex und Klasse. Nur dann, sagt er, können wir beginnen, Jesus auf eine Weise zu betrachten, die ihm gerecht wird.