
Konsult: Theopraxesis
Electracy und Transmedia Studies.
Herausgeber der Reihe: Jan Rune Holmevik und Cynthia Haynes.
Ein Motto, das Gregory L. Ulmers Karriere leitet, stammt vom Dichter Basho: Nicht in die Fußstapfen der Meister zu treten, sondern zu suchen, was sie gesucht haben. Die Verantwortung der geisteswissenschaftlichen Disziplinen besteht heute darin, für den digitalen Apparat (soziale Maschine) das zu tun, was die klassischen Griechen für die alphabetische Schrift taten. Ulmer betrachtet das Online-Lernen als einen Modus der Erfindung (Heuretik), beginnend mit der Erfindung des Konsults selbst. Konsult: Theopraxesis beschreibt die Erfindung eines Lerngenres, das für die digitalen Medien das ist, was Platons Dialog für die Buchstabenschrift war.
Die Griechen erfanden die Praktiken des Schreibens (Rhetorik und Logik), die der neuen Institution der Schule (der Akademie) eigen waren und ein neues Verhalten des Selbstseins (Sokrates) förderten. Ulmer nimmt diesen historischen Präzedenzfall als Relais, als Inventar für das, was heute neu erfunden werden muss: eine Gattung des Lernens, eine Bildungseinrichtung, ein Identitätsverhalten. Die Erkenntnis der Elektra ist, dass jeder Apparat eine der primären Fähigkeiten der menschlichen Intelligenz erweitert und institutionalisiert: theoria in der Alphabetisierung; praxis in der Mündlichkeit; poiesis in der Elektra.
Gefragt sind heute nicht Praktiken des Schreibens, sondern die "Theopraxese" der Medien. Die analytische Informationsökonomie der Alphabetisierung erforderte die Trennung und Isolierung (Siloing) der institutionalisierten Intelligenz. Die Multimodalität der Elektrizität ermöglicht den Synkretismus der Fakultäten zu einer ganzheitlichen Leistung: Denken-Tun-Machen; Wissen-Zweck-Wirkung. Die Schnittstellenmetapher von Platons Dialog war ein mündliches Gespräch, in dem der ungebildete Gesprächspartner in die dialektische Vernunft als Idee eingeführt wird. Die Schnittstellenmetapher von konsult ist die wissenschaftliche Beratung, bei der anelektierte Studenten dem plasmatischen Begehren als Simulakrum begegnen. Dieses neue Lernen ist um eine Aktualisierung der Gerechtigkeit organisiert, die der Elektra eigen ist.
Gregory L. Ulmer ist emeritierter Professor für Englisch und Medienwissenschaften an der Universität von Florida. Er ist Koordinator des Florida Research Ensemble und Joseph-Beuys-Lehrstuhlinhaber der European Graduate School. Zu seinen jüngsten Büchern gehören Electracy (2015), Avatar Emergency (2012) und Miami Virtue (2012). Sein aktuelles Projekt ist Konsult Experiment (www.konsultexperiment.com), ein Blog im Rahmen der Reihe Electracy and Transmedia Studies, herausgegeben von Jan Holmevik und Cynthia Haynes für Parlor Press.