
Reading and Shaping Medieval Cartularies: Multi-Scribe Manuscripts and Their Patterns of Growth. a Study of the Earliest Cartularies of Glasgow Cathed
Mittelalterliche Kartularien sind eine der wichtigsten Quellen für einen Historiker des Mittelalters. Einst als einfache Aufbewahrungsorte für Urkunden betrachtet, werden Kartulare heute als sorgfältig kuratierte Sammlungen von Texten angesehen, deren Inhalt und Anordnung die unmittelbaren Anliegen und das archivarische Umfeld der Gemeinschaften widerspiegeln, die sie angelegt haben. Eine Besonderheit des Kartulars, die bisher nicht so umfassend untersucht wurde, ist seine Materialität: die Tatsache, dass es sich um eine Handschrift handelt. Folglich wurde nicht erkannt, dass es sich bei vielen Kartularien um mehrfach beschriebene Manuskripte handelt, die über viele Jahrzehnte nach ihrer ursprünglichen Erstellung sowohl physisch als auch textlich "gewachsen" sind.
Dieses Buch bietet eine neue Methodik, die sich mit mehrschriftlichen Beiträgen in zwei Kartularmanuskripten befasst: den ältesten Kartularien der Kathedrale von Glasgow und der Abtei von Lindores. Es integriert die physischen und textlichen Merkmale der Manuskripte, um zu analysieren, wie und warum sie im Laufe der Zeit stufenweise gewachsen sind. Die Anwendung dieser Methodik offenbart zwei Gemeinschaften, die einen aktiven Ansatz beim Lesen und Gestalten ihrer Kartularien verfolgten und diese Manuskripte als einen gemeinsamen Raum behandelten. Dies wirft grundlegende Fragen über die Definition von Kartularien und ihre Funktionsweise, ihr Verhältnis zu Archiven mit Einzelblattdokumenten und als Quellen für die institutionelle Identität auf. Das Buch wirft daher einen neuen Blick auf die "Gattung" der mittelalterlichen Kartularien aus der Sicht der Handschriften selbst und auf das, was dies über ihre mittelalterlichen Schreiber und Leser verraten kann.
JOANNA TUCKER promovierte an der Universität von Glasgow.