
Im Mittelpunkt dieses Buches steht der Report of the International Commission to Inquire into the Causes and Conduct of the Balkan Wars, der im Frühsommer 1914 in Washington von der Carnegie Endowment for International Peace veröffentlicht wurde.
Der Band entstand aus der Überzeugung, dass eine umfassende Bewertung der Bedeutung des Carnegie-Berichts - einer der ersten internationalen nichtstaatlichen Untersuchungsmissionen mit der Absicht, den Frieden zu fördern - eine eingehendere Untersuchung des Kontextes seiner Entstehung erfordert. Die Autoren untersuchen, wie die an den Kriegen beteiligten Länder mit den Anfragen der Carnegie-Kommission umgingen und welche Rolle der Bericht für die Erinnerung an die Kriege in den jeweiligen Staaten spielte.
Obwohl der Bericht sowohl das Osmanische Reich als auch die Nationalstaaten des Balkans als nicht ausreichend zivilisiert ansah, um Kriege innerhalb der Grenzen der völkerrechtlichen Verhaltensregeln zu führen, lässt sich diese orientalistische Schlussfolgerung zum Teil mit der liberal-internationalistischen Strategie der Carnegie-Stiftung sowie mit dem beruflichen, politischen und ethnischen Hintergrund der Kommissionsmitglieder erklären. Überschattet durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs waren die unmittelbaren Auswirkungen des Carnegie-Berichts auf die internationale Schiedsgerichtsbarkeit oder das internationale Strafrecht begrenzt, doch trug er - nach Ansicht der Autoren - letztlich zur weiteren Verrechtlichung der internationalen Beziehungen bei.