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Pissing Figures 1280-2014
"Nicht jeder ist ein guter Pisser." - Jean-Claude Lebensztejn
Jean-Claude Lebensztejns Geschichte der urinierenden Figur in der Kunst, Pissing Figures 1280-2014, ist gleichzeitig eine wissenschaftliche Untersuchung eines wichtigen visuellen Motivs und eine freche Aussage über Überschreitung und Grenzen in Kunstwerken im Allgemeinen. Lebensztejn ist eines der bestgehüteten Geheimnisse Frankreichs. Er ist ein Kunsthistoriker von Weltrang, der an großen Universitäten in den Vereinigten Staaten Vorlesungen gehalten und gelehrt hat, doch sein Werk ist fast ausschließlich in französischer Sprache verfasst worden, und sein amerikanisches Publikum beschränkt sich auf eine kleine, aber engagierte Gruppe von Kennern.
Zunächst wird das Manneken Pis vorgestellt - der ikonische kleine Junge, dessen Urinstrahl diesen berühmten Brunnen mit Wasser versorgt und der auch das Logo eines belgischen Bierunternehmens ist -, und der Autor führt den Leser durch ein halbskatologisches Labyrinth der Kulturgeschichte. Das früheste Beispiel ist eine Freskoszene direkt über Cimabues "Kreuzigung" aus der Zeit um 1280 in der Basilika des Heiligen Franz von Assisi, in der Lebensztejns aufmerksames Auge einen Engel hinter einer Säule entdeckt, der durch ein Loch in seinem Gewand uriniert. Er fährt fort, geschickt durch kulturelle Wendungen zu navigieren und hält zum Beispiel an, um Pier Paolo Pasolinis Film Teorema von 1968 und Marlene Dumas' Hommage an Rembrandts pissende Frau von 1996-97 zu diskutieren. In jedem Moment ist Lebensztejns Prosa lebendig, sein Denken dynamisch und sein Thema unterhaltsam.