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Psychology of the Rich Aunt: Being an Inquiry, in Twenty-Five Parts, Into the Question of Immortality
Mit Psychologie der reichen Tante machte der deutsche Autor Erich M hsam seinen ironischen Versuch, sich als Autor unsterblich zu machen, indem er seine Entdeckung verkündete, dass Unsterblichkeit tatsächlich existiert - und zwar in der Person der reichen Tante. Anhand von 25 Fallbeispielen, die alphabetisch geordnet sind (von Tante Amalia bis Tante Zerlinde), argumentiert M hsam: Die reiche Tante kann ewig leben, vorausgesetzt, sie hat einen Neffen, der auf ihr Ableben und auf sein Erbe wartet. Die Konsequenz aus diesen Geschichten ist natürlich, dass die ewige Ruhe der reichen Tante direkt damit zusammenhängt, dass ihr Neffe um das Erbe gebracht wird. Die Ursachen für das Ableben eines Unsterblichen können also von sexuellen Neigungen über die Börse bis hin zu den unvorhergesehenen Ausgaben für literarische Ambitionen reichen. Die reiche Tante entpuppt sich als das ewige Haar in der Suppe von Kirche, Familie und Staat, das Verhängnis des personifizierten Schicksals und die Verwandlung von Moral in Sterblichkeit unter der Ägide des Kapitals.
Ursprünglich 1905 auf Deutsch erschienen, ist Psychologie der reichen Tante eine bissig-augenzwinkernde Darstellung der Gier im Kapitalismus der bürgerlichen Epoche.
Erich M hsam (1878-1934) war ein deutsch-jüdischer anarchistischer Schriftsteller, Dichter, Dramatiker, Kabarettist und ein scharfer Satiriker der Nazipartei. Er spielte eine Schlüsselrolle in der kurzlebigen Bayerischen Sowjetrepublik, setzte sich für die Rechte von Frauen und Homosexuellen ein, befürwortete die freie Liebe und den Vegetarismus und war gegen Kapitalismus und Krieg. Er wurde im Konzentrationslager Oranienburg brutal ermordet.