
Religion and Sight
Das Sehen wird in der Religion sowohl gefeiert als auch verunglimpft. In manchen Kontexten wird es als Quelle von Wissen und Offenbarung gepriesen.
In anderen wird es als Weg zu Illusion und Götzendienst verteufelt. Es gibt keine einheitliche Art und Weise, wie das Sehen in der Religion funktioniert, und auch keine einheitliche Art, es zu studieren. Dieser Sammelband bringt Wissenschaftler aus einer Vielzahl von Disziplinen zusammen - Religionswissenschaft, Anthropologie, Kunstgeschichte, Film und Philosophie -, um zu beleuchten, wie der Sehsinn die Religion prägt und von ihr geformt wird.
Die Fallstudien reichen von Erzählungen über Medusa in der antiken griechischen Religion über spirituelle Erklärungen des Schlafwandelns in der Aufklärung bis hin zu Ritualen der Geisterbesessenheit im heutigen Brasilien. Um die miteinander verbundenen Themen zu beleuchten, sind die Aufsätze in drei Abschnitte gegliedert, die sich thematisch von der Dunkelheit ins Licht bewegen: 1) Obskurität 2) Veränderte Zustände 3) Erleuchtung.
Die Autoren versuchen, einige der historischen Fallstricke des westlichen Diskurses zu vermeiden, der die Sinne hierarchisiert und insbesondere das Sehen von den anderen Sinnen privilegiert und trennt, indem er es als unanfechtbare Quelle empirischen Wissens betrachtet. Sie zeigen auf, wie das Sehen solche Konstruktionen durchbricht, sei es, indem es kreativ in die Irre führt oder taktile Qualitäten annimmt.
Im Kontext gelebter religiöser Erfahrung zeigt sich das Sehen auf vielfältige, grenzenlose Weise. In einer theoretisch reichhaltigen und selbstreflexiven Einführung stellen die Herausgeber des Bandes Fragen, die den Kern unserer Disziplin bilden: Was sehen wir, und - was ebenso wichtig ist - wie sehen wir, wenn wir Religion studieren?