
Strindberg and the Western Canon
Während seiner gesamten schriftstellerischen Laufbahn war August Strindberg ein rastloser Kanonisierer. In seiner Eigenschaft als Schriftsteller, Bibliothekar, Kulturwissenschaftler, Polemiker und Amateurforscher zitierte er ständig historische und zeitgenössische Quellen, bezog bestimmte Autoren in sein eigenes Werk ein und schloss sie wieder aus und überprüfte die Grenzen der Ästhetik und Kultur um die Jahrhundertwende. Gleichzeitig war er selbst ein sehr aktiver Autor, der im selbstgewählten Exil lebte, aber in engem Kontakt mit kosmopolitischen intellektuellen Kreisen stand. All dies wirft Fragen über sein Verhältnis zum literarischen und kulturellen Kanon auf. Die Dynamik zwischen lokaler und globaler Kultur bestimmt sein gesamtes Werk und macht ihn zu einem jener europäischen Autoren, die gerne im Kontext der Weltliteratur interpretiert werden.
Strindberg war ein mehrsprachiger Kosmopolit, ein Emigrant, Theosoph und Reporter. Als Schriftsteller, der seinen Blick nach Osten und Westen richtete, nahm er Eindrücke aus den universalistischen Tendenzen des Fin de si cle auf. Sein Ehrgeiz, sich der globalen "Republik der Buchstaben" anzuschließen, führte ihn dazu, Französisch, Hebräisch, das chinesische System der Logogramme, russische Literatur und die Geschichte des Nahen Ostens zu studieren.
Der von Jan Balbierz herausgegebene Band versammelt Beiträge renommierter Strindberg-Wissenschaftler und diskutiert Fragen wie die folgenden: Wie hat Strindberg seine Vorgänger konstruiert und an welche Traditionen hat er sich angeschlossen? Wie wird ein Strindbergscher Text in der performativen Praxis von Theater und Film verändert? Wie hat sich Strindberg, dessen Texte tief in der schwedischen Folklore und Landschaft verwurzelt sind, zu fremden kulturellen Werten verhalten?