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Disturbing Spirits: Mental Illness, Trauma, and Treatment in Modern Syria and Lebanon
Dieses Buch untersucht die psychologischen Folgen der Konflikte im Nahen Osten während des zwanzigsten Jahrhunderts und erörtert dabei auch, wie spirituelle und religiöse Rahmenbedingungen Praxis und Theorie beeinflussen.
Das Konzept der psychischen Gesundheitsbehandlung in kriegsgebeutelten Ländern des Nahen Ostens ist schmerzlich wenig erforscht. In Disturbing Spirits verbindet Beverly A. Tsacoyianis sozial-, kultur- und medizinhistorische Forschungsmethoden mit Ansätzen der Behinderten- und Traumastudien, um zu zeigen, dass die Geschichte psychischer Erkrankungen in Syrien und im Libanon seit den 1890er Jahren in unterschiedliche - aber nicht unbedingt sich gegenseitig ausschließende - Vorstellungen von legitimer Heilung eingebettet ist. Tsacoyianis untersucht die Begegnungen zwischen "westlicher" Psychiatrie und lokalen Praktiken und argumentiert, dass der Versuch, in den letzten 120 Jahren eine "moderne" kosmopolitische Biomedizin einzuführen, weitgehend gescheitert ist - zum Teil aufgrund politischer Instabilität und politischer Traumata und zum Teil aufgrund enger Definitionen moderner Medizin, die Spiritualität und lokal bedeutsame kulturelle Praktiken ausschlossen.
Anhand von Krankenhausakten, ethnografischen Daten, mündlicher Geschichtsforschung, historischer Fiktion und journalistischen Sachbüchern behauptet Tsacoyianis, dass Psychiater den Syrern und Libanesen die psychiatrische Behandlung nicht nur als Mittel zur Kontrolle oder Heilung von Geisteskrankheiten vorstellten, sondern auch als modernisierende Weltanschauung, um die weit verbreiteten Vorstellungen vom Ursprung der Geisteskrankheiten durch Dschinns zu bekämpfen und die Akzeptanz der Psychiatrie zu fördern. Eine Behandlung ohne spirituelle Therapien delegitimierte letztlich die Psychiatrie in den unteren Schichten. Tsacoyianis behauptet, dass sich die Spannungen zwischen Psychiatern und Volksheilern in dem Maße entwickelten, in dem die politischen Veränderungen die kollektive und individuelle Psyche erschütterten und die soziale Ordnung zerrütteten. Wissenschaftler, die sich mit dem Heilen im modernen Nahen Osten befassen, haben sich bisher vor allem mit psychiatrischen und nicht-biomedizinischen Heilmethoden beschäftigt, aber nur selten mit deren Verbindungen zueinander oder zur Politik. In diesem bahnbrechenden Werk verbindet Tsacoyianis die Diskussion über die globale Verantwortung mit wissenschaftlichen Debatten über menschliches Leiden und den moralischen Aufruf zur Fürsorge. Disturbing Spirits ist für Studenten und Wissenschaftler der Geschichte der Medizin und des öffentlichen Gesundheitswesens, der Nahoststudien und der postkolonialen Literatur von Interesse.