
Histories Written by International Criminal Courts and Tribunals: Developing a Responsible History Framework
Dieses Buch plädiert für einen moderateren Ansatz bei der Geschichtsschreibung in der internationalen Strafgerichtsbarkeit, indem es die Elemente eines normativen Rahmens für eine "verantwortungsvolle Geschichte" formuliert. Die Frage, ob internationale Strafgerichtshöfe und -tribunale (ICTs) historische Narrative schreiben sollten, hat im Kontext der jüngsten Hinwendung zur Geschichte im internationalen Strafrecht, der wachsenden Aufmerksamkeit für die historischen Hinterlassenschaften der Ad-hoc-Tribunale und der minimalen Aufmerksamkeit für den historischen Kontext im ersten Urteil des Internationalen Strafgerichtshofs erneut an Bedeutung gewonnen.
Ausgangspunkt für diese Diskussion ist, dass Staatsanwälte und Richter in Fällen von Massengrausamkeiten unweigerlich als Akteure der Geschichtsschreibung und der Beeinflussung des kollektiven Gedächtnisses verstanden werden, ob sie dies nun beabsichtigen oder nicht. Obwohl die Geschichtsschreibung ein unausweichliches Merkmal der IKT ist, besteht daher auch heute noch ein erheblicher Mangel an Konsens über den richtigen Platz dieser Funktion. Seit Hannah Arendt ihre Doktrin der strikten Legalität als Antwort auf den expansiven didaktischen Ansatz der Staatsanwaltschaft im Eichmann-Prozess formuliert hat, ist die juristische Debatte zu diesem Thema weitgehend zwischen restriktiven und expansiven Ansätzen der Geschichtsschreibung in Prozessen gegen Massengräuel polarisiert. Was in dieser Debatte merklich fehlt, ist der Mittelweg. Der Beitrag dieses Buches besteht genau darin, einen Rahmen zu formulieren, der diesen Mittelweg einnimmt. Das Buch stellt folgende Fragen: Durch welche Brille interpretieren die Richter der IKT historische Ereignisse, welche Art von Geschichte schreiben die IKT, und welche Art von Geschichte sollten die IKT produzieren? Die Argumente für eine gemäßigtere Herangehensweise an die Geschichtsschreibung beruhen auf drei verschiedenen, aber miteinander verbundenen Gründen: (1) Wahrheit und Gerechtigkeit, (2) Recht auf Wahrheit und (3) juristische Erkenntnistheorie.
Dieses Buch kann für verschiedene Zielgruppen von Nutzen sein. Gerichtsbeamte und Rechtspraktiker könnten den hier entwickelten normativen Rahmen als nützlich empfinden, um die Spannungen zwischen den konkurrierenden Zielen der IKT zu erörtern und insbesondere den Wert der Geschichtsschreibung zu bewerten. Für Juristen, Historiker und andere Akademiker könnte die Analyse der Stärken, Einschränkungen und blinden Flecken der von den IKT verfassten historischen Erzählungen ebenfalls interessant sein. Angesichts der aktuellen Debatten über das Vermächtnis der IKT ist dieses Thema besonders aktuell.
Aldo Zammit Borda ist Direktor des Centre for Access to Justice and Inclusion an der Anglia Ruskin University, Cambridge, UK.