
Female Desire in Chaucer's Legend of Good Women and Middle English Romance
Eine Untersuchung des weiblichen gleichgeschlechtlichen Begehrens bei Chaucer und in der mittelalterlichen Romantik.
Sowohl im mittelalterlichen als auch im modernen Kontext sind Frauen, die keine Männer begehren, Anlass für peinliches Schweigen. Die abweichenden sexuellen Praktiken von Männern wurden von Schriftstellern in den Bereichen Recht und Religion, Medizin und Moral intensiv diskutiert.
Unmengen mittelalterlicher Texte sind entsetzten oder faszinierten Hinweisen auf die abweichenden Intimitäten von Männern mit Männern gewidmet. Frauen bleiben jedoch - trotz aller Bemühungen der neueren Forschung - am Rande dieses Bildes, insbesondere in der Literaturwissenschaft.
Dieses Buch zielt darauf ab, das weibliche Begehren wieder in den Mittelpunkt zu stellen. Es identifiziert eine weibliche oder lesbische Hermeneutik in der spätmittelalterlichen englischen Literatur und bietet neue Ansätze für mittelalterliche Texte, die oft wegen ihrer Auslassungen und Fragmentierung, ihrer Gewalttätigkeit und ihrer uneinheitlichen poetischen Textur verunglimpft werden. Die hermeneutische Tradition, die Chaucer geerbt hat und die von Hieronymus bis Jean de Meun reicht, stellt weibliche Körper als leere Tafeln dar, die der männlichen Einschreibung harren, und nicht als autonome Akteure. In der Legende befasst sich Chaucer mit dem unausgesprochenen Problem weiblicher Wünsche und Körper, die sich einer solchen Position widersetzen, ihr ausweichen und sich von ihr weg orientieren.
Können Frauen die hermeneutische Autorität, die phallische Fähigkeit, übernehmen, ohne sich selbst monströs oder selbstzerstörerisch zu machen? Diese Frage zieht sich durch drei mittelenglische Romane, die auf die Legende folgen: die alliterierende Morte Arthure, die Sowdone of Babylon und Undo Your Door. Mit kämpferischer Innovation setzen sie die hermeneutische Tradition und Chaucers Gebrauch davon neu ein, um eine Reihe kühner weiblicher Wünsche und Verkörperungen zu feiern, die etablierte Kategorien von männlich und weiblich, erlaubt und unerlaubt, belebt und unbelebt durchkreuzen und wieder überschreiten. Gemeinsam machen diese Texte die Wünsche und Verkörperungen von Frauen sichtbar, die sonst in mittelalterlichen und nachmittelalterlichen Kontexten aus dem Blickfeld geraten.