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In Defense of Secrets
In einer Zeit, in der politische und persönliche Transparenz hoch im Kurs stehen, setzt sich In Defense of Secrets für das Geheimnis ein, das Beziehungen ermöglicht und unsere Menschlichkeit sichert.
Die Psychoanalytikerin und Philosophin Anne Dufourmantelle ertrank 2017 bei dem Versuch, zwei im Meer gefangene Kinder zu retten. Ihr Werk lebt jedoch in diesem provokanten und notwendigen Buch weiter. Durch Etymologien und Fallstudien, persönliche Geschichte und prägnante Kommentare zur zeitgenössischen Gesellschaft führt uns In Defense of Secrets zurück zur grundlegenden psychischen Szene des Geheimnisses. Für Dufourmantelle ist das Geheimnis kein zu knackender Code oder eine zu durchdringende Firewall, sondern ein dynamisches und mächtiges Gebilde, das Beziehungen ermöglicht und unsere Menschlichkeit gewährleistet.
Auf den Spuren des Geheimnisses durch Kunst und Literatur, Philosophie, Psychoanalyse und Soziologie, von der Inquisition bis in die Gegenwart, dreht sich Dufourmantelles Werk um die Frage nach dem Wert des Geheimnisses. In unserer Zeit, in der die politische und persönliche Transparenz über alles zu stehen scheint - ins Internet gestellte Leben, durchgesickerte Informationen, Trillerpfeifen, fehlende Tabus, außer in Bezug auf das Geheimnis selbst -, setzt sich In Defense of Secrets für das ein, was verborgen, privat, verschleiert, totgeschwiegen, einfach außer Sichtweite bleibt. Das Geheimnis liegt auf der Seite der Natur, nicht der Wissenschaft; des organischen Wachstums, nicht der Technologie; der Großzügigkeit der Liebe, nicht des Zugriffs des Wissens.
Für Dufourmantelle ist das Geheimnis etwas Mächtiges und Dynamisches: tödlich, wenn es ungehört bleibt oder missbraucht wird, aber auch eine Quelle der Kreativität und der Ethik. Eine Ethik des Geheimnisses, so hört man sie sagen, bedeutet, aufmerksam und sensibel zuzuhören, das Geheimnis in seiner geheimen Essenz zu respektieren, keine Angst davor zu haben und offen zu sein für das, was es zu sagen hat.