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Eyewitness and Crusade Narrative: Perception and Narration in Accounts of the Second, Third and Fourth Crusades
"Augenzeuge" ist eine vertraute Bezeichnung, die Historiker auf zahlreiche Beweisstücke anwenden. Es ist mit einer überzeugenden Konnotation von Vertrauenswürdigkeit und besonderer Nähe zu den gelebten Erfahrungen der historischen Akteure verbunden. Dennoch hat es erstaunlich wenig kritische Aufmerksamkeit erhalten.
Dieses Buch soll eine Diskussion darüber eröffnen, was wir meinen, wenn wir eine historische Quelle auf diese Weise bezeichnen. Durch eine genaue Analyse von Berichten über den Zweiten, Dritten und Vierten Kreuzzug sowie eine eingehende Erörterung der jüngsten Forschungen von Kognitions- und Sozialpsychologen zu Wahrnehmung und Gedächtnis fordert dieses Buch die Historiker des Mittelalters heraus, ihre oft ungeprüften Annahmen über den Platz von Augenzeugenberichten innerhalb der Taxonomie historischer Belege zu überdenken. Es ist größtenteils unmöglich, die Autoren der hier untersuchten Texte als historische Akteure in eine genaue räumliche und zeitliche Beziehung zu dem Geschehen zu setzen, das sie zu beschreiben vorgeben. Auch können wir nie wirklich sicher sein, was sie tatsächlich gesehen haben. Worin besteht also der Augenzeugenstatus der Autoren, und ist dies überhaupt eine gültige Analysekategorie?
In diesem Buch wird argumentiert, dass die produktivste Art und Weise, sich der Figur des autoptischen Autors zu nähern, nicht in einer schwebenden Präsenz in der Nähe der historischen Ereignisse besteht, die unser Wissen über sie bestätigt, sondern als Artefakt der sinnstiftenden Operationen des Textes, insbesondere, wenn diese durch narratologische Konzepte wie den Erzähler, die Fokalisierung und die Erzählwelt einer Prüfung unterzogen werden. Die Schlussfolgerung, die sich daraus ergibt, ist, dass es kein einheitliches Verständnis von Augenzeugenschaft gibt, das sich durch die Texte zieht, trotz aller inhaltlichen und thematischen Ähnlichkeiten.
Jeder dieser Texte formt seine Erzählstimme auf unterschiedliche Art und Weise, abhängig von seinen besonderen Erzählstrategien.
MARCUS BULL ist Andrew W. Mellon Distinguished Professor of Medieval and Early Modern Studies an der University of North Carolina, Chapel Hill.