
The Tumble of Reason: Alice Munro's Discourse of Absence
Ein großer Teil der Kritik an den Romanen von Alice Munro hat sich mit Munros "Realismus" beschäftigt und diesen hervorgehoben. Ihre Geschichten drehen sich jedoch häufig um das, was ausgelassen wurde; sie sind voll von nicht abgeschickten (unvollendeten) Briefen, von Dingen, die Menschen eigentlich sagen oder erzählen wollten, es aber nicht taten. Ajay Heble konzentriert sich in seiner Studie auf Munros Auseinandersetzung mit einem "Diskurs der Abwesenheit" und legt nahe, dass unser Verständnis dieser Texte oft nicht nur davon abhängt, was in der Fiktion geschieht, sondern auch davon, was hätte geschehen können.
Munros Geschichten erhalten ihre Bedeutung nicht nur durch den Verweis auf eine äußere Realität, sondern auch dadurch, dass sie dem Leser eine anregende Fülle von Möglichkeiten bieten, die wir als potenzielle oder abwesende Bedeutungsebene bezeichnen könnten. Bezeichnenderweise artikulieren sie eine unauflösbare Spannung zwischen Varianten dieser Positionen: zwischen einerseits ihrer Beschreibung einer Oberflächenrealität - einer Welt "da draußen", die wir als real und wahr anerkennen sollen - und andererseits ihrer Beteiligung an einem Diskurs der Abwesenheit, der die Konventionen, innerhalb derer ihre Fiktion funktioniert, in Frage stellt.
Unter Rückgriff auf strukturalistische und poststrukturalistische Theorien über Sprache und ihre Beziehung zu Bedeutung, Wissen und Machtsystemen sowie auf Theorien der postmodernen Fiktion bietet Heble sowohl eine sorgfältige Lektüre von Munros Geschichten als auch einen theoretischen Rahmen für das Lesen von Bedeutungen in Abwesenheit. Sein Buch erweitert die jüngsten revisionistischen Analysen und stellt einen wertvollen und originellen Beitrag zur Munro-Kritik dar.