
Reading the Fascicles of Emily Dickinson: Dwelling in Possibilities
Heginbotham konzentriert sich in seinem Buch auf Emily Dickinsons Arbeit als bewusste Schriftstellerin und Herausgeberin. Bei den Faszikeln handelt es sich um vierzig kleine Mappen mit ihren zwischen 1856 und 1864 geschriebenen Gedichten, die auf vier bis sieben Briefpapierbögen komponiert, gefaltet, gestapelt und mit Schnur zusammengenäht wurden. Welche Erkenntnisse lassen sich gewinnen, wenn man ihre Gedichte in ihrem eigenen Kontext liest? Handelt es sich einfach um „Sammelalben“, wie manche behaupten, oder sind sie der Beweis für eine bewusste und geschickte Bearbeitung? Liest man sie an ihrem ursprünglichen Ort, wird jeder Text anders - und interessanter - als wenn man ihn isoliert liest.
Wir können nicht wissen, warum Dickinson die Bücher zusammenstellte oder was sie von ihnen hielt, aber wir können beobachten, was sie in ihnen hinterließ. Was sie hinterlassen hat, lässt sich nur daran erkennen, wie das Gedicht in einem Dialog über die Seiten hinweg antwortet, wie Zeilen, die sich auf eine zweite Seite ausbreiten, das nächste Gedicht einleiten, wie Eröffnungen Bildcluster vorschlagen, so dass jedes Buch sein eigenes Netzwerk von Anliegen und Sprache hat - keine Geschichte oder philosophische Belehrung, sondern eine ästhetische Ganzheit.
Dieses Buch ist das erste, das zeigt, dass Dickinsons poetische und philosophische Kreativität am verblüffendsten ist, wenn der Leser die einzelnen Gedichte in dem Kontext betrachtet, den die Dichterin für sie geschaffen hat. Für Lehrer, Studenten, Gelehrte und Poesie-Liebhaber schafft Heginbotham einen wichtigen neuen Rahmen für das Verständnis einer der komplexesten, klügsten und tiefgründigsten Dichterinnen der USA.