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A Society Adrift: Interviews and Debates, 1974-1997
Diese posthume Sammlung von Interviews und Gelegenheitsvorträgen, die Castoriadis zwischen 1974 und 1997 gegeben hat, ist eine lebendige und direkte Einführung in das Denken eines Schriftstellers, der seine radikal kritische Haltung nie aufgegeben hat. Sie bietet eine klare, handliche Zusammenfassung seiner politischen Ideen, die ihrer Zeit voraus waren und für die heutige Welt von großer Bedeutung sind.
Für diesen politischen Denker und langjährigen Aktivisten (Mitbegründer der revolutionären Gruppe "Socialisme ou Barbarie" mit Claude Lefort), Ökonomen, Psychoanalytiker und Philosophen waren zwei unendliche Fragen - wie die Welt und das Leben in der Gesellschaft zu verstehen sind - mit seinem eigenen Leben und seinen Kämpfen verwoben.
Ein wichtiges Kapitel befasst sich mit der Geschichte von "Socialisme ou Barbarie" (1949--1967)
Darin stellt Castoriadis die Ansichten vor, die er in dieser Gruppe zu einer Reihe von Themen vertrat: eine Kritik des Marxismus und der Sowjetunion, die Bürokratisierung der Gesellschaft und der Arbeiterbewegung sowie das Primat der individuellen und kollektiven Autonomie. In einem weiteren Kapitel wird das für sein Denken zentrale Konzept der "imaginären Bedeutungen" vorgestellt, die den "Zusammenhalt" einer Gesellschaft ausmachen.
Castoriadis kommt immer wieder auf die Frage nach der Demokratie als der nie abgeschlossenen, bewussten Schaffung gesellschaftlicher Institutionen durch das Volk zurück und analysiert ihre Vergangenheit und ihre Zukunft in der westlichen Welt. Er übt scharfe Kritik an der "repräsentativen" Demokratie und entwickelt ein Konzept der direkten Demokratie, das sich auf alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens erstreckt.
Er fragt sich, wie es möglich ist, Freiheit und Autonomie - die Voraussetzungen für eine echte Demokratie - in einer Welt der endlosen, bedeutungslosen Anhäufung materieller Güter zu erreichen, in der die Mechanismen zur Steuerung der Gesellschaft zerfallen sind, die Beziehung zur Natur auf eine zerstörerische Beherrschung reduziert ist und sich vor allem die Bevölkerung aus dem öffentlichen Raum zurückgezogen hat: eine Welt, die von Hobbys und Lobbys beherrscht wird - "eine abgetriebene Gesellschaft".