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Gandhian Moment
Gandhi wird als historische Führungspersönlichkeit, als Vater der indischen Unabhängigkeit und als Vorbild für den gewaltfreien Protest auf der ganzen Welt verehrt. Doch die Bedeutung dieser praktischen Errungenschaften hat Gandhis Status als außerordentlich innovativer politischer Denker verdunkelt. Ramin Jahanbegloo stellt Gandhi als politischen Theoretiker vor - den intellektuellen Begründer eines Systems, das auf der Kraft der Gewaltlosigkeit beruht, um staatliche Souveränität und Herrschaft herauszufordern. Als Philosoph und Aktivist führt uns Jahanbegloo durch Gandhis Kernideen, zeigt, wie sie den politischen Protest von den 1960er Jahren in Amerika bis zum Fall der Berliner Mauer und darüber hinaus geprägt haben, und ruft dazu auf, sie heute für Muslime zu nutzen, die Veränderungen fordern.
Gandhi forderte die gängigen politischen Vorstellungen in Bezug auf die Souveränität am energischsten heraus. Er vertrat die Ansicht, dass die Staatsgewalt nicht nur dann legitim ist, wenn sie allgemeine Unterstützung genießt oder uns vor Anarchie schützt. Legitimität hängt vielmehr von der Zustimmung pflichtbewusster Bürger ab, die bereit sind, den Staat gewaltlos herauszufordern, wenn er unmoralisch handelt. Der Höhepunkt des inneren Kampfes, die eigene Pflicht zum Handeln zu erkennen, ist, so Jahanbegloo, der ultimative "gandhianische Moment".
Gandhis Ideen haben so berühmte Persönlichkeiten wie Martin Luther King, Nelson Mandela und den Dalai Lama motiviert. Wie Jahanbegloo zeigt, inspirierten sie auch die unbekannten muslimischen Aktivisten Abul Kalam Azad und Khan Abdul Ghaffar Khan, deren Einsatz für die indische Unabhängigkeit denjenigen eine Antwort gibt, die heute an der Lebensfähigkeit des gewaltlosen islamischen Protests zweifeln. Das Buch ist eine eindringliche Erinnerung an Gandhis anhaltende politische Bedeutung und ein bahnbrechender Bericht über seine außergewöhnlichen intellektuellen Leistungen.