
Hugo Von Hofmannsthal Select Narrative Prose
Kaum ein moderner Schriftsteller lässt sich so schwer unter einer einzigen Überschrift oder Kategorie zusammenfassen wie Hugo von Hofmannsthal. Seine vielfältigen Begabungen als Dichter, Dramatiker, Librettist, Romancier, Essayist, Anthologe und Mitbegründer der Salzburger Festspiele sind schon erstaunlich genug.
Die Tatsache, dass er so viel literarische Tradition in sich aufnahm und gleichzeitig eine Fülle neuer Formen wie das lyrische Drama, das Prosagedicht oder den fiktiven Brief erforschte, lässt sein Oeuvre als eine schillernde Kreativität erscheinen. Die beiden Kräfte der Tradition und der Innovation existieren bei ihm nebeneinander, und beide geben seiner Kunst Auftrieb. Der 1874 in Wien geborene Erbe des großen europäischen Schrifttums beherrschte die wichtigsten alten und modernen Sprachen und war als begeisterter Leser mit allen bedeutenden Schriftstellern der Vergangenheit vertraut.
Wien an der Wende zum 19. Jahrhundert ist als ein zentraler Treffpunkt der europäischen Kultur zu sehen: Es ist die Stadt von Gustav Mahler, Sigmund Freud, Ernst Mach, Gustav Klimt, Hermann Bahr, Arthur Schnitzler und Karl Kraus, um nur einige der bedeutendsten Künstler, Schriftsteller und Denker zu nennen, die diesem großen Zentrum des "Vielvölkerstaates" seinen Stempel aufgedrückt haben.
Es war eine Stadt, die in ihrem gesellschaftlichen und politischen Leben an der Tradition festhielt: Sie bewahrte ihre alte Monarchie bis zum Tod von Kaiser Franz Joseph im Jahr 1916. Hofmannsthal erlebte zweiundvierzig Jahre dieser Herrschaft und hatte nach der Gründung der neuen Republik Österreich im Jahr 1918 nur noch elf Jahre zu leben.