
Jane Eyre in German Lands: The Import of Romance, 1848-1918
Lynne Tatlock untersucht die Übertragung, die Verbreitung und das literarische Überleben von Jane Eyre im deutschsprachigen Raum sowie deren Bedeutung und Auswirkungen in den Jahren 1848-1918. In Auseinandersetzung mit der Forschung zum Liebesroman präsentiert sie eine historische Fallstudie über die generative Kraft und den vielgestaltigen Charakter von Bronts neuer Liebeserzählung in der deutschen Übersetzung, Adaption und Nachahmung, an der zahlreiche Akteure beteiligt waren, von Schriftstellern und Dramatikern bis hin zu Lesern, Verlegern, Illustratoren, Rezensenten, Redakteuren, Adaptoren und Übersetzern.
Jane Eyre in deutschen Landen spürt den Verästelungen in den Übertragungswegen nach, die von einer weit verbreiteten kreativen Investition in die Romantik zeugen, als neue Ideen von Freiheit und Gleichheit der Frau am Horizont auftauchten und vor allem im Bürgertum eine Heimat suchten. Wie Tatlock darlegt, zeugen die zahlreichen deutschen Instanzen von Bronts Roman - vier Übersetzungen, drei Kürzungen, drei Adaptionen für allgemeine Leser, neun Adaptionen für jüngere Leser, Theaterstücke, Farcen und insbesondere die Belletristik des populären deutschen Schriftstellers E. Marlitt und deren zahlreiche Adaptionen - von einem Kampf um seine Bedeutung und sein Versprechen. Doch gerade diese Vielfalt (Wiederholung, Redundanz und Vervielfältigung) in Verbindung mit der der romantischen Erzählung innewohnenden Anziehungskraft in den Jahrzehnten zwischen den Märzrevolutionen und dem Frauenwahlrecht ermöglichte die kulturelle Verbreitung, den Einfluss und das langfristige Überleben von Jane Eyre als deutsche Lektüre.
Durch die Fokussierung auf die Zirkulation von Texten über Sprachgrenzen hinweg und die Verflechtung von Literaturmärkten und Lesekulturen bringt Jane Eyre in deutschen Landen das nationale Paradigma der Literaturgeschichte ins Wanken und plädiert für eine umfassendere Darstellung des deutschen Literaturfeldes.