
Mathematical Communities in the Reconstruction After the Great War 1918-1928: Trajectories and Institutions
Dieses Buch ist das Ergebnis einer internationalen Tagung, die im November 2018 in Marseille stattfand und sich mit den Folgen des Ersten Weltkriegs für die mathematischen Gemeinschaften befasste. Es enthält ausgewählte Originalarbeiten, die auf der Tagung vorgestellt wurden und eine neue Perspektive auf einen Zeitraum, die 1920er Jahre, bieten, der in der Geschichtsschreibung nicht umfassend berücksichtigt wurde.
Nach 1918 wurden neue Länder gegründet und die Grenzen mehrerer anderer geändert. Territorien wurden annektiert, während einige Länder ganze Regionen verloren. Diese territorialen Veränderungen zeugen von den massiven und vielfältigen Umwälzungen, mit denen die europäischen Gesellschaften nach dem Ersten Weltkrieg konfrontiert waren. Die Neugestaltung des politischen Europas ging einher mit neuen Bündnissen und einer Neuverteilung des Handels - kommerziell, intellektuell, künstlerisch, militärisch usw. -, die das internationale Leben in der Zwischenkriegszeit weitgehend prägten. Diese Veränderungen hatten auch enorme Auswirkungen auf das wissenschaftliche Leben, nicht nur in der Praxis, sondern auch in seiner Organisation und seinen Kommunikationsstrategien.
Die mathematischen Wissenschaften, die vom späten 19. Jahrhundert bis in die 1920er Jahre eine tiefgreifende disziplinäre Entwicklung durchliefen, sahen sich also einer doppelten Bewegung gegenüber, einer internen und einer externen, die zu einer nachhaltigen Umstrukturierung von Forschung und Lehre führte. Gleichzeitig erlebten verschiedene Bereiche wie die Topologie, die Funktionalanalysis, die abstrakte Algebra, die Logik oder die Wahrscheinlichkeitsrechnung eine außergewöhnliche Entwicklung. Dies ging einher mit einer explosionsartigen Zunahme neuer internationaler oder nationaler Vereinigungen von Mathematikern, wie z. B. der Gründung der Internationalen Mathematischen Union im Jahr 1918 und der umstrittenen Schaffung des Internationalen Forschungsrats. Die zentrale Idee für die Gliederung der verschiedenen Kapitel des Buches besteht daher darin, Fallstudien zu präsentieren, die zeigen, wie viele Mathematiker nach dem Krieg ihren persönlichen Werdegang unter Berücksichtigung der Entwicklung des politischen, sozialen und wissenschaftlichen Umfelds am Ende des Konflikts organisieren mussten.