
Panmunjom and Other Stories
Zum ersten Mal liegt hier eine Auswahl von Kurzgeschichten auf Englisch vor, die mehr als vierzig Jahre des Schaffens eines der bedeutendsten zeitgenössischen Schriftsteller Südkoreas repräsentieren. Der im heutigen Nordkorea geborene Lee Ho-Chul bedient sich einer erstaunlichen Vielfalt literarischer Stile, um ein Panorama der verheerenden Auswirkungen autoritärer Herrschaft, drakonischen Antikommunismus und vor allem der nationalen Spaltung auf das Alltagsleben der Koreaner in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts zu bieten.
Als entschiedener Verfechter der Demokratie wurde Lee 1974 vom autoritären Regime Park Chung Hees inhaftiert. In seinem preisgekrönten Werk „Wasting Away“ zeichnet Lee ein schonungsloses, dramatisches Porträt der überwältigenden Verzweiflung und Frustration, die eine Familie in der angespannten Situation nach der Machtübernahme durch das Militär empfindet. „The Deputy Mayor Does Not Go to Take Up His Appointment“ (Der stellvertretende Bürgermeister geht nicht, um seinen Termin wahrzunehmen) führt die Psychologie der Angst, die die koreanische Gesellschaft unter Parks Herrschaft durchdringt, ad absurdum: Der Protagonist rennt wie verrückt vor den Soldaten davon, die ihn zum stellvertretenden Bürgermeister von Masan machen wollen.
Von der erschütternden Erkenntnis der Flüchtlinge in „Away from Home“, dass sie ihr Dorf im Norden nie wieder sehen werden, bis hin zur erschütternden Geschichte zweier Brüder, die in „Birthday Party“ gezwungen sind, ihre eigenen Gräber zu schaufeln, nachdem sie von südkoreanischen Soldaten fälschlicherweise als Nordkoreaner identifiziert wurden, lotet Lee unbeirrt die Abgründe der ideologischen Polarisierung des Kalten Krieges aus, die sich bis heute nicht von denen gelöst hat, die die koreanische Halbinsel zu ihrer Heimat gemacht haben.