
Verdi in Victorian London
Verdis Opern, die heute als Inbegriff der Schönheit gelten, wurden in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts in London keineswegs von allen Seiten gelobt. Warum reagierten einige Kritiker so harsch? Wer waren diese Kritiker und welche Vorurteile lagen ihnen zugrunde? Wann änderte sich ihre ablehnende Haltung? Und warum produzierten die Opernmanager weiterhin Verdis Opern, obwohl sie angeblich wertlos waren? Massimo Zicaris Verdi im viktorianischen London rekonstruiert die Rezeption von Verdis Opern in London von 1844, als ein erster kritischer Bericht auf den Seiten von The Athenaeum veröffentlicht wurde, bis 1901, als Verdis Tod in The Musical Times ausführlich gewürdigt wurde.
In den 1840er Jahren waren einige Londoner Journalisten dem meistdiskutierten Vertreter der italienischen Oper gegenüber geradezu feindselig eingestellt, um dann in den folgenden Jahren ihre Meinung zu ändern. Der hochmütige Kritiker des Athenaeum, Henry Fothergill Chorley, erklärte, Verdis Melodien seien abgenutzt, abgedroschen und bedeutungslos, seine Harmonien und Fortschreitungen plump, seine Orchestrierung lärmend. Die Schreiber von The Times, The Musical World, The Illustrated London News und The Musical Times trugen alle zu dem kritischen Tohuwabohu bei.
Doch in den 1850er Jahren konnten die viktorianischen Kritiker die Popularität von Verdis Opern weder leugnen noch ignorieren, auch wenn sie noch so widerwillig waren. In den letzten drei Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts vollzog sich im Londoner Musikmilieu ein tiefgreifender Wandel, der die Auffassung von Verdi veränderte und dem starken Einfluss Wagners Platz machte.
Nostalgische Kommentatoren begannen, den traurigen Zustand des "Land of Song" zu beklagen und verwiesen auf die nun vergangenen "schönen Tage der italienischen Oper". Zicari zeichnet diese gesamte kulturelle Konstellation nach. Verdi im viktorianischen London ist sowohl für Wissenschaftler als auch für Opernliebhaber eine Pflichtlektüre.
Musikspezialisten werden die historische Rekonstruktion zu schätzen wissen, die sich auf umfangreiches Quellenmaterial aus erster Hand stützt, während Verdi-Liebhaber und Liebhaber der italienischen Oper in den Genuss einer anschaulichen Analyse kommen, die frei von Fachjargon ist. Für Studenten, Wissenschaftler und Laien gleichermaßen ist dieses Buch ein erhellender Beitrag zur Erforschung der Musikrezeption.