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Forgetting
Wir können das Phänomen des Erinnerns nicht verstehen, ohne sein Gegenteil, das Vergessen, heranzuziehen.
In Anlehnung an Beckett - „nur wer vergisst, erinnert sich“ - deckt Josipovici einen tiefgreifenden kulturellen Wandel auf: von Gesellschaften, die das rituelle Erinnern zu festen Zeiten und an festen Orten zelebrierten, zu unserer eigenen westlichen Welt, in der das Fehlen solcher Mechanismen zu einer Angst vor dem Vergessen führt, zu dem, was Nietzsche als ungesunde Schlaflosigkeit diagnostizierte, die jeden Aspekt unserer Kultur infiziert. Von der Angst vor Alzheimer bis zu den Beschwörungen „Remember the Holocaust“ und „Remember Kosovo“ durch skrupellose Demagogen, von den Bestattungsritualen ländlicher Gesellschaften bis zu den Holocaust-Denkmälern in Berlin und Wien, von der Beunruhigung des 18.
Jahrhunderts über die Rolle von Gräbern und Inschriften bis zu den späten Gedichten von Wallace Stevens hat Josipovici in seinem charakteristischen Stil ein kleines Buch mit einer sehr großen Wirkung geschaffen. Gabriel Josipovicis Roman The Cemetery in Barnes (2018) stand auf der Shortlist für den Goldsmiths Prize 2018 und auf der Longlist für den Republic of Consciousness Prize 2019.