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Who Got the Camera?: A History of Rap and Reality
Reality tauchte erstmals in den späten 1980er Jahren auf - nicht im Sinne des realen Lebens, sondern im Sinne des TV-Unterhaltungsgenres, das durch Sendungen wie Cops und America's Most Wanted, durch die Talkshows von Geraldo, Oprah und Donahue und durch die Boulevardnachrichten von A Current Affair begründet wurde. In einem aufrüttelnden kulturkritischen Werk vertritt Eric Harvey die These, dass das Reality-TV im Dialog mit einer anderen Unterhaltungsform entstand, die ihm als Folie diente und von der es seine Techniken übernahm: dem Gangsta-Rap.
Oder, wie die legendären Künstler Ice Cube und Ice-T es nannten, „Reality Rap“. Reality-Rap und Reality-TV waren Teil einer kulturellen Revolution, die populäre Unterhaltung als Medium der Wahrheitsfindung neu definierte. Die Reality-Unterhaltung nahm Anleihen bei journalistischen Tropen, wurde aber nicht durch die Vorbehalte und den Kontext verwässert, die der Journalismus verlangt.
Während N.W.A.s „Fuck tha Police“ die Sicht der Cops auf das Leben der Schwarzen in Amerika konterkarierte, machten sich die im Gefolge dieser Gruppe entstandenen Reality-Rapper wie Snoop Doggy Dogg und Tupac Shakur die Sensationslust der Boulevardpresse zu eigen und nutzten die Besessenheit der Medien von der Kriminalität der Schwarzen, um den Unterschied zwischen Bild und Wahrheit aufzuheben. Reality-TV und Reality-Rap haben die Welt hervorgebracht, in der wir heute leben, in der Politik und grundlegende Tatsachen erst dann als real empfunden werden, wenn sie in massenvermittelte Unterhaltung umgesetzt worden sind.