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Red Tape: Bureaucracy, Structural Violence, and Poverty in India
Red Tape stellt eine wichtige neue Theorie des Staates vor, die von dem renommierten Anthropologen Akhil Gupta entwickelt wurde. In seinem Bemühen, die chronische und weit verbreitete Armut in Indien, der viertgrößten Volkswirtschaft der Welt, zu verstehen, betrachtet Gupta die Beziehung zwischen dem indischen Staat und den Armen als eine strukturelle Gewalt.
Jedes Jahr sterben zwei bis drei Millionen Menschen an dieser Gewalt, vor allem Frauen und Mädchen, Angehörige niedrigerer Kasten und indigene Völker. Dennoch sind die Armen in Indien nicht entrechtet; sie nehmen aktiv am demokratischen Projekt teil. Auch dem Staat ist die Notlage der Armen nicht gleichgültig; er fördert zahlreiche Programme zur Armutsbekämpfung.
Gupta führte ethnografische Untersuchungen unter Beamten durch, die mit der Koordinierung von Entwicklungsprogrammen im ländlichen Uttar Pradesh betraut sind. Auf der Grundlage dieser Forschungen bietet er aufschlussreiche Analysen der Korruption, der Bedeutung von Schrift und schriftlichen Aufzeichnungen sowie der Gouvernementalität bzw.
des Ausbaus von Bürokratien. Diese Analysen bilden die Grundlage für sein Argument, dass die Folgen der Fürsorge willkürlich sind und dass die Willkür systematisch durch genau die Mechanismen erzeugt wird, die das soziale Leid lindern sollen.
Es muss nicht nur erklärt werden, warum staatliche Programme, die darauf abzielen, arme Menschen mit Nahrung, Arbeit, Wohnraum, Gesundheitsfürsorge und Bildung zu versorgen, ihre Ziele nicht erreichen, sondern auch, warum sie, wenn sie erfolgreich sind, dies ungleichmäßig und unregelmäßig tun.