
The Gift of Science: Leibniz and the Modern Legal Tradition
Die Titelseiten unserer Zeitungen und das Gerede in den Blogs zeugen von der Entkopplung von Recht und Gerechtigkeit. Hochbezahlte Anwälte durchforsten das Gesetz nach Schlupflöchern, um den Fortune-500-Konzernen zu helfen, legal ihre Steuern zu hinterziehen und die Umwelt zu verschmutzen. In einer Welt der Rechtsstaatlichkeit scheint Gerechtigkeit eine Schimäre zu sein, eine Abstraktion, und damit eine Ablenkung vom realen Kampf um politische Interessen. Sollten wir also das Gerede über abstrakte Gerechtigkeitsideale zugunsten von strategischen und politischen Argumenten aufgeben?
In The Gift of Science, einer kühnen, revisionistischen Darstellung von 300 Jahren Rechtswissenschaft, argumentiert Roger Berkowitz, dass die Idee der Gerechtigkeit gefährdet ist und gerettet werden muss. Ausgehend von der wissenschaftlichen Revolution bis zum Aufstieg von Recht und Wirtschaft erzählt Berkowitz die Geschichte, wie Juristen eine Wissenschaft des Rechts erfanden, um den Anspruch des Rechts auf moralische Autorität zu wahren. Das Geschenk der Wissenschaft an das Recht erwies sich jedoch als bittersüß. Anstatt das Band zwischen Recht und Gerechtigkeit zu stärken, verwandelte die Unterordnung des Rechts unter die Wissenschaft das Recht von einer ethischen Ordnung in ein Werkzeug für soziale und wirtschaftliche Zwecke.
Das Geschenk der Wissenschaft ist eine fesselnde und originelle Geistesgeschichte des Rechts. Als Genealogie der modernen Scheidung von Recht und Gerechtigkeit zeigt Berkowitz, dass das positive Recht seine prägenden Impulse nicht in den englischen Werken von Thomas Hobbes und John Austin hat, sondern in der deutschen Tradition der Rechtswissenschaft, die von Gottfried Wilhelm Leibniz bis zu Friedrich Carl von Savigny und Rudolf von Jhering reicht. Als Beitrag zur Rechtswissenschaft argumentiert Berkowitz, dass das positive Recht am besten als Produkt der Wissenschaft und nicht, wie gewöhnlich angenommen, als Wille eines Souveräns zu verstehen ist. Als ein Werk der politischen Theorie untersucht Berkowitz, wie die Unterordnung des Rechts unter die Sozialwissenschaft das ethische Zentrum des Rechts als institutionelle Verkörperung der Gerechtigkeit ausgehöhlt hat. Schließlich macht das Buch die Gefahr deutlich, die die Verwandlung des Rechts selbst in ein Produkt der Wissenschaft für die Möglichkeit von Recht, Gerechtigkeit und Freiheit in der Moderne darstellt.