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The Mourning Voice
In The Mourning Voice (Die trauernde Stimme) stellt Nicole Loraux radikal in Frage, was in den letzten Jahren zur vorherrschenden Sichtweise der Tragödie geworden ist: dass die Tragödie in erster Linie ein bürgerliches Phänomen ist, durchdrungen von der politischen Ideologie Athens, die ihre Zuschauer in erster Linie als Bürger, als Mitglieder des politischen Kollektivs sieht.
Loraux vertritt die Ansicht, dass der von der Tragödie angesprochene Zuschauer vielmehr ein Individuum ist, das in erster Linie durch seine Menschlichkeit und nicht durch seine Zugehörigkeit zu einer politischen Gruppe definiert wird. Die Stücke, so Loraux, beziehen die Zuschauer in die emotionale Ausdruckskraft des tragischen Leidens ein und schaffen so eine theatrale Identität.
Durch die Erfahrung des Leidens wird das Publikum daran erinnert, dass es Zeuge einer theatralischen Darstellung der Instabilität des menschlichen Zustands ist - ein Zustand, den die Tragödie laut Loraux in einzigartiger Weise vermitteln kann.