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Rabbi Leo Baeck: Living a Religious Imperative in Troubled Times
Der Rabbiner, Pädagoge, Intellektuelle und Gemeindeleiter Leo Baeck (1873-1956) war eine der wichtigsten jüdischen Persönlichkeiten im Vorkriegsdeutschland. Mit der Veröffentlichung seiner 1905 erschienenen Schrift Das Wesen des Judentums wurde er zu einer wichtigen Stimme des liberalen Judentums.
Während des Ersten Weltkriegs diente er als Militärseelsorger in der deutschen Armee. In den folgenden Jahren widersetzte er sich dem Ruf des politischen Zionismus und setzte sich für einen lebendigen Platz für Juden in einem neuen Deutschland ein. Diese Hoffnung wurde mit dem Aufstieg des Nationalsozialismus zunichte gemacht.
Ab 1933 und auch nach seiner Deportation nach Theresienstadt setzte er sich in seiner Eigenschaft als Führer der deutsch-jüdischen Gemeinschaft unermüdlich dafür ein, seinen Glaubensbrüdern jede nur mögliche praktische, intellektuelle und geistige Unterstützung zukommen zu lassen.
Während andere nach dem Krieg daran arbeiteten, das deutsch-jüdische Leben aus der Asche wieder aufzubauen, erklärte ein desillusionierter Baeck diese Bemühungen für fehlgeleitet und verbrachte den Rest seines Lebens in England. Dennoch ist sein Name heute vielleicht am bekanntesten durch die Leo-Baeck-Institute in New York, London, Berlin und Jerusalem, die sich der Bewahrung des kulturellen Erbes des deutschsprachigen Judentums widmen.
Michael A. Meyer hat eine Biographie geschrieben, die Leo Baecks Stellung als mutiger Gemeindeleiter und als einer der bedeutendsten jüdischen religiösen Denker des 20. Jahrhunderts, vergleichbar mit bekannteren Persönlichkeiten wie Martin Buber, Franz Rosenzweig und Abraham Joshua Heschel, gleichermaßen berücksichtigt.
Um Baeck vollständig zu verstehen, so Meyer, müsse man nicht nur sein Denken und sein öffentliches Wirken untersuchen, sondern auch seine Persönlichkeit. Im Allgemeinen wurde er als sanft und freundlich beschrieben, konnte aber auch kämpferisch sein, wenn es nötig war, und ein Hauch von Puritanismus und eine übergroße Verehrung für das Märtyrertum durchzogen seine psychologische Verfassung. Auf der Grundlage einer Vielzahl von Quellen, von denen einige erst in den letzten Jahren ans Licht gekommen sind, vor allem aber anhand von Baecks eigenen Schriften, zeichnet Meyer ein komplexes und nuanciertes Bild einer der bemerkenswertesten Persönlichkeiten der jüdischen Geschichte unserer Zeit.