
Realms of Ritual
Während frühere Historiker die aufwendigen öffentlichen Rituale der burgundischen Herzöge als stagnierende Formen betrachteten, die aus der ritterlichen Welt des Hochmittelalters übernommen wurden, vertritt Peter Arnade die These, dass sie ein lebendiges Theater der Macht waren, durch das der herzogliche Hof und die städtischen Zentren ihre Beziehungen ständig neu aushandelten. Dieses Buch ist das erste, das die kombinierten Erkenntnisse der Sozial-, Politik- und Kulturgeschichte auf ein wichtiges, aber wenig erforschtes Gebiet des mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Europas anwendet: die burgundischen Niederlande.
Realms of Ritual zeichnet die Rolle des Rituals in den Begegnungen zwischen den Herzögen von Burgund (den späteren habsburgischen Fürsten) und den Bürgern von Gent, der wichtigsten Stadt der Grafschaft Flandern, nach. Arnade analysiert die stadtstaatlichen Zeremonien, mit denen die Genter Ratsherren, Patrizier, Zünfte sowie die Militär- und Theaterbrüderschaften der Stadt der lokalen Macht und dem Wachstum des burgundischen Staates begegneten.
In der ersten ernsthaften Neubewertung von Johan Huizingas klassischem Werk The Waning of the Middle Ages bestätigt Arnade Huizingas Vision einer an öffentlichen Symbolen reichen Gesellschaft in den Niederlanden, zeigt aber auch den stadtstaatlichen Konflikt auf, innerhalb dessen solche Rituale gediehen. Er bietet eine völlig neue Perspektive auf die nördliche Renaissance sowie ein historisch-anthropologisches Modell für die Untersuchung der Beziehungen zwischen Stadt und Staat.