
Social Identity in Imperial Russia
Wie haben die aufgeklärten Russen des achtzehnten Jahrhunderts die Gesellschaft verstanden? Und wie brachten sie ihre erklärten Ideale von Gleichheit und Gerechtigkeit mit den autoritären politischen Strukturen, in denen sie lebten, in Einklang? Die Historikerin Elise Wirtschafter wendet sich literarischen Theaterstücken zu, um das gesellschaftliche Denken der Vergangenheit zu rekonstruieren und herauszufinden, wie die Russen der Aufklärung sich selbst verstanden.
Sie beginnt mit einer erhellenden Diskussion über die Entwicklung des Theaters im Russland des 18. Jahrhunderts und untersucht dann dramatische Darstellungen zentraler sozialer Fragen. Auf der Grundlage einer Untersuchung von fast 300 weltlichen Theaterstücken, die in der letzten Hälfte des Jahrhunderts geschrieben wurden, zeigt sie, wie in den Bühnendramen wichtige öffentliche Themen dargestellt und diskutiert wurden - etwa das Wesen des Gemeinwohls, die Struktur des patriarchalischen Haushalts, die Aufgabe der Monarchen und die Rolle des Einzelnen in der Gesellschaft.
Wirtschafter legt eine beeindruckende Rekonstruktion der Art und Weise vor, wie gebildete Russen eine Gesellschaft jenseits der unmittelbaren Sphären von Haushalt und Lokalität konzeptualisierten. Um Probleme des „sozialen Bewusstseins“ zu beleuchten, fragt sie, was die russischen Aufklärer über soziale Erfahrungen dachten - und wie sich ihre Ideen auf die tatsächlichen sozialen Beziehungen in einer Gesellschaft bezogen, die um Leibeigenschaft und absolute Monarchie herum organisiert war. Sie porträtiert die russische Aufklärungskultur auf ihre eigene Art und Weise und wirft gleichzeitig ein Licht auf umfassendere Probleme der sozialen Ordnung und politischen Autorität im kaiserlichen Russland.