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Slavophile Empire: Imperial Russia's Illiberal Path
Im Russland des 20.
Jahrhunderts fehlten in all seinen politischen Ausprägungen die grundlegenden Merkmale des westlichen liberalen Modells: Rechtsstaatlichkeit, Zivilgesellschaft und ein unzensierter öffentlicher Raum. In Slavophile Empire widmet die führende Historikerin Laura Engelstein den Slawophilen und ihren Erben besondere Aufmerksamkeit.
Deren Abneigung gegen den säkularen Individualismus des Westens und ihre Vorliebe für eine idealisierte Version der einheimischen Vergangenheit begründeten ein Denkmuster, das das politische Leben Russlands nachhaltig beeinflusste. Im kaiserlichen Russland fehlte es nicht an Anhängern eines Liberalismus westlicher Prägung, aber sie waren sowohl rechts als auch links in der Überzahl gegenüber denjenigen, die illiberale Optionen favorisierten. In den stringent argumentierenden Kapiteln des Buches geht Engelstein der Frage nach, wie Russlands Identität als Kulturnation im Zentrum eines imperialen Staates durch diesen antiliberalen Konsens definiert werden konnte.
Sie untersucht die Debatten über Religion und Säkularismus, über die Rolle von Kultur und Recht in einem traditionellen Regime, das einer sich modernisierenden Gesellschaft vorsteht, über den Status der ethnischen Peripherien des Imperiums und über den Geist, der notwendig war, um ein multinationales Imperium in Kriegszeiten zu mobilisieren. Diese Debatten, so argumentiert sie, haben das System, das sich nach 1917 herausbildete, nicht vorherbestimmt, aber sie ließen Elemente einer politischen Kultur erahnen, die auch heute noch zu beobachten sind.