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Anecdotal Theory
„Anekdote“ und ‚Theorie‘ haben diametral entgegengesetzte Konnotationen: humorvoll versus ernst, spezifisch versus allgemein, trivial versus übergreifend, kurz versus groß. Die Anekdotentheorie durchbricht diese Gegensätze, um eine Theorie mit Sinn für Humor zu schaffen, eine Theorie, die das unheimliche Detail der gelebten Erfahrung würdigt.
Die renommierte Literaturwissenschaftlerin Jane Gallop stellt das übliche akademische Geschäft in Frage, indem sie argumentiert, dass jede Theorie mit Geschichten verbunden ist, und fordert Theoretiker auf, den „trivialen“, alltäglichen Erzählungen Aufmerksamkeit zu schenken, die von der Theorie nur allzu oft unterdrückt werden. Die in den 1990er Jahren veröffentlichten Aufsätze sind durch ein gemeinsames methodisches Vorgehen miteinander verbunden - sie erzählen eine persönliche Anekdote und versuchen dann, diese Anekdote auf ihre theoretischen Erkenntnisse hin zu lesen. Gallop befasst sich mit vielen der wichtigsten Fragen der feministischen Theorie, wobei sie nicht nur den Feminismus der 70er Jahre, sondern auch den Poststrukturalismus und die akademische Welt immer wieder aufgreift, denn, wie Gallop erklärt, geht die Praxis der anekdotischen Theorie auf die Psychoanalyse, die Dekonstruktion und den Feminismus zurück.
Ob es um Fragen der Pädagogik geht, um die sexuelle Position, die man auf dem akademischen Arbeitsmarkt einnimmt, um Bad-Girl-Feministinnen oder um den Begriff der Schwesternschaft - diese Aufsätze sind Beispiele für eine Theorie, die sich mit ihrer eigenen Erotik auseinandersetzt, eine Theorie, die mit dem Realen verbunden ist. Sie sind mutig, erhellend und - sagen wir es ruhig - lustig.