Bewertung:

David Sloan Wilsons „Darwins Kathedrale“ bietet eine wissenschaftliche Untersuchung der Religion als eine evolutionäre Anpassung, die den Gruppenzusammenhalt stärkt. Das Buch liefert ein überzeugendes Argument dafür, dass Religion eine funktionale Rolle in der gesellschaftlichen Entwicklung spielt, wenn auch auf eine etwas dichte und akademisch anspruchsvolle Weise.
Vorteile:Viele Leser schätzen den interdisziplinären Ansatz, der Biologie, Soziologie, Anthropologie und Psychologie integriert, sowie die aufschlussreichen Fallstudien, insbesondere die Analyse des Judentums. Wilson vertritt die These, dass Religion funktional und anpassungsfähig ist, und geht dabei auf die Dynamik der Moral innerhalb der Gruppe und außerhalb der Gruppe ein. Das Buch wird als Denkanstoß für das Verständnis der Rolle der Religion in der menschlichen Gesellschaft angesehen.
Nachteile:Kritiker bemängeln die schwierige Lesbarkeit des Buches und den dichten Schreibstil, der eher an ein akademisches Lehrbuch als an eine Erzählung erinnert, was allgemeine Leser abschrecken könnte. Einige argumentieren, dass Wilson seine Hauptthesen nicht angemessen mit harten Daten untermauert, und kritisieren auch, dass er sich auf Kosten anderer evolutionärer Dynamiken auf die Gruppenselektion konzentriert. Kritisiert wird auch der Ausschluss östlicher religiöser Traditionen und die Tatsache, dass sich das Buch auf Zusammenfassungen stützt, was zu einem Mangel an Klarheit und Engagement führt.
(basierend auf 32 Leserbewertungen)
Darwin's Cathedral: Evolution, Religion, and the Nature of Society
Einer der großen intellektuellen Kämpfe der Neuzeit findet zwischen Evolution und Religion statt. Bis jetzt galten sie als völlig unvereinbare Theorien über Ursprung und Existenz. David Sloan Wilsons „Darwins Kathedrale“ geht den radikalen Schritt, beide miteinander zu verbinden und schlägt dabei eine evolutionäre Religionstheorie vor, die sowohl die Evolutionsbiologie als auch die Gesellschaftstheorie in ihren Grundfesten erschüttert.
Der Schlüssel, so Wilson, liegt darin, die Gesellschaft als einen Organismus zu betrachten - eine alte Idee, die durch die jüngsten Entwicklungen in der Evolutionsbiologie neues Leben erhalten hat. Wenn die Gesellschaft ein Organismus ist, können wir dann Moral und Religion als biologisch und kulturell gewachsene Anpassungen betrachten, die es menschlichen Gruppen ermöglichen, als einzelne Einheiten und nicht als bloße Ansammlungen von Individuen zu funktionieren? Wilson bringt eine Vielzahl von Belegen aus der Biologie und den Sozialwissenschaften zur Klärung dieser Frage ein. Jahrhundert bis hin zu balinesischen Wassertempeln, von Jäger- und Sammlergesellschaften bis hin zum urbanen Amerika - Wilson zeigt, wie Religionen die Menschen in die Lage versetzt haben, durch kollektives Handeln zu erreichen, was sie allein nie geschafft hätten. Er enthält auch ein Kapitel, in dem er die Vergebung aus einer evolutionären Perspektive betrachtet, und erörtert abschließend, wie alle sozialen Organisationen, einschließlich der Wissenschaft, von der Einbeziehung religiöser Elemente profitieren könnten.
Religiöse Gläubige vergleichen ihre Gemeinschaften oft mit einzelnen Organismen und sogar mit Insektenkolonien. Erstaunlicherweise zeigt Wilson, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes Recht haben könnten. Darwins Kathedrale richtet sich an jeden gebildeten Leser und wird die Art und Weise, wie wir die Beziehungen zwischen Evolution, Religion und menschlicher Gesellschaft betrachten, für immer verändern.