Bewertung:

Das Buch erforscht das Konzept des „flüssigen Bösen“ in einem Gesprächsstil zwischen den Autoren und befasst sich mit komplexen Themen der heutigen Gesellschaft wie Moral, Korporatismus und den Auswirkungen der sozialen Medien. Obwohl das Buch tiefe Einblicke gewährt und zum Nachdenken anregt, empfinden viele Leser die akademische Sprache als schwierig und die Lektüre als anspruchsvoll.
Vorteile:Tiefgründige Einblicke in zeitgenössische moralische Fragen und das Böse in der Gesellschaft.
Nachteile:Fesselnder Gesprächsstil, der zu intensiven Diskussionen anregt.
(basierend auf 10 Leserbewertungen)
Liquid Evil: Living with Tina
Das Böse ist nichts Neues.
Es hat uns seit Urzeiten begleitet. Neu ist jedoch die Art des Bösen, die unsere heutige flüssige moderne Welt kennzeichnet. Das Böse, das frühere Formen der soliden Moderne kennzeichnete, konzentrierte sich in den Händen von Staaten, die ein Monopol auf die Zwangsmittel beanspruchten und die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel einsetzten, um ihre Ziele zu verfolgen, die zuweilen entsetzlich brutal und barbarisch waren. In unseren heutigen flüssigen modernen Gesellschaften ist das Böse dagegen viel allgegenwärtiger und gleichzeitig weniger sichtbar geworden. Das flüssige Böse verbirgt sich in den Nähten des Gewebes, das täglich von der flüssig-modernen Art der menschlichen Interaktion und des Handels gewebt wird, es verbirgt sich im Gewebe des menschlichen Zusammenlebens und im Verlauf seiner routinemäßigen und alltäglichen Reproduktion. Das Böse lauert in den zahllosen schwarzen Löchern eines durch und durch deregulierten und privatisierten sozialen Raums, in dem Verdrängungswettbewerb und gegenseitige Entfremdung an die Stelle von Kooperation und Solidarität getreten sind, während die zwanghafte Individualisierung die Haftkraft zwischenmenschlicher Bindungen aushöhlt. In seiner heutigen Form ist das Böse schwer zu erkennen, zu entlarven und zu bekämpfen. Es verführt uns durch seine Alltäglichkeit und schlägt dann ohne Vorwarnung und scheinbar wahllos zu. Das Ergebnis ist eine soziale Welt, die mit einem Minenfeld vergleichbar ist: Wir wissen, dass sie voller Sprengstoff ist und dass es früher oder später zu Explosionen kommen wird, aber wir haben keine Ahnung, wann und wo sie stattfinden werden.
In diesem neuen Buch, der Fortsetzung ihres gefeierten Werks Moralische Blindheit, führen Zygmunt Bauman und Leonidas Donskis den Leser durch dieses neue Terrain, in dem das Böse sowohl alltäglicher als auch heimtückischer geworden ist und die Menschheit gerade dann ihrer Träume, alternativen Projekte und Kräfte des Widerspruchs zu berauben droht, wenn sie diese am meisten benötigt.