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A Farewell to Truth
Da die westlichen Kulturen immer pluralistischer werden, ist die Frage der "Wahrheit" in der Politik zu einem Spiel der Interpretationen geworden. Heute stehen wir vor dem Niedergang der Idee der Wahrheit als einer objektiven Beschreibung von Tatsachen, auch wenn viele noch nicht erkannt haben, dass sich dies ändert.
Gianni Vattimo befasst sich ausdrücklich mit den wichtigen Konsequenzen, die sich aus unserer veränderten Auffassung von Politik und Wahrheit für die Demokratie ergeben, wie z. B. die wachsende Abneigung, die Politik auf Wissenschaft, Wirtschaft und Technologie zu gründen. Doch nach Vattimos Auffassung kann der Abschied von der Wahrheit der Demokratie zugute kommen, da er die unausgesprochenen Fragen offenlegt, die allen objektiven Behauptungen zugrunde liegen. Das Ende der absoluten Wahrheit stellt die Legitimität politischer Maßnahmen in Frage, die auf vermeintlich objektiven Notwendigkeiten beruhen - zum Beispiel den freien Markt zu schützen, auch wenn dies für bestimmte Gruppen oder Klassen verheerende Folgen hat. Vattimo plädiert für eine Wahrheit, die im Konsens und unter Wahrung der Freiheit aller konstruiert wird. Durch die Berücksichtigung der kulturellen Paradigmen der anderen wird eine "wahrhaftigere" Gesellschaft - freier und demokratischer - möglich.
In diesem Buch setzt Vattimo seine Neuinterpretation des Christentums als eine Religion der Nächstenliebe und der Hoffnung fort, die die Gesellschaft von autoritärem, metaphysischem Dogmatismus befreit. Er dehnt Nietzsches "Tod Gottes" auf den Tod eines autoritären Gottes aus und leitet damit ein neues, postreligiöses Christentum ein. Er verbindet das Denken von Martin Heidegger, Karl Marx und Karl Popper mit überraschenden Ergebnissen und kommt der modernen Wissenschaft mehr als in seinen früheren Werken entgegen, indem er ihre Gültigkeit mit dem Beharren darauf, dass Wissen interpretativ ist, in Einklang bringt. Vattimos Philosophie rechtfertigt den westlichen Nihilismus durch seine Fähigkeit, auf absolute Wahrheiten zu verzichten. Seine Überlegungen, die sich auf Politik, Ethik, Religion und die Geschichte der Philosophie erstrecken, leisten einen wichtigen Beitrag zu einer modernen Neukonzeption von Gott, Metaphysik und dem Sinn der Wirklichkeit.