
Deep Mapping
In den letzten Jahren wurde viel über die Auswirkungen einer "räumlichen Wende" in den Kunst- und Geisteswissenschaften diskutiert. Je weitreichender diese Auswirkungen geworden sind, desto breiter ist die Bandbreite dessen, wie eine "räumlichere" Geisteswissenschaft aussehen könnte und tatsächlich auch aussieht.
Doch während die Breite der Wissenschaft, die wir mit dem vorläufigen Etikett "räumliche Geisteswissenschaften" versehen können, wenig überraschend Fragen des Raums und des Ortes in den Vordergrund gestellt hat, liegen Fragen der Zeit und der Zeitlichkeit gleichermaßen den theoretischen und praktischen Interventionen zugrunde, die die Forschung in diesem Bereich voranbringen. Die Idee des "Deep Mapping", die als Begriff auf die Schriften von William Least Heat-Moon zurückgeht (aber als Idee hat "Deep Mapping" einen viel breiteren - und tieferen - Hintergrund), findet in der raumbezogenen geisteswissenschaftlichen Forschung im Allgemeinen Anklang.
Auch wenn der Begriff "Deep Mapping" nicht zwangsläufig in diesem Sinne verwendet wird, spricht er doch für eine Fülle von Perspektiven, die sich in irgendeiner Form mit der Kartierung oder Erschließung eines vielschichtigen und facettenreichen Sinns für Ort, Erzählung, Geschichte und Erinnerung befassen. Von qualitativen GIS über Entwicklungen in der literarischen oder filmischen Geografie, ortsspezifischen und Performance-Kunst-Praktiken oder Arbeiten über das kulturelle Gedächtnis und die Charakterisierung von Orten bis hin zu Ansätzen, die unter eine allgemeinere Form der "Psychogeografie" fallen - Deep Mapping umfasst eine lose Reihe von Orientierungen und Praktiken, die dem, was wir als "räumliche Geisteswissenschaften" verstehen, einen umfassenderen Ausdruck verleihen.